Woher stammt diese Erkenntnis?
Aus folgendem Grund kann ich sie nicht nachvollziehen:
Wenn bei der Prüfung ein Fehler entdeckt wird, macht es für die Reparatur nur einen geringen Unterschied, ob die Bauteile bereits verlötet sind oder nicht.
Andererseits geben manche Bauteile ohne Verlötung keinen zuverlässigen Kontakt, auch wenn ihre Drähte kunstvoll durch die Lötösen gefädelt sind. Bei der elektrischen Prüfung würden dann viele Fehler gefunden, die in Wirklichkeit gar nicht vorhanden sind. Der Aufwand für die Suche nach imaginären Fehlern, die ja, anders als das Bestücken der Geräte, durch Fachleute erfolgen müsste, dürfte kaum tragbar gewesen sein, da es auch früher in der Unterhaltungselektronik-Branche schon einen nicht unerheblichen Kostendruck gab.
Hingegen wird die Reparatur erschwert, wenn das ganze Gerät fix und fertig montiert ist. Deshalb wurden die Chassis vor Einbau ins Gehäuse geprüft, d.h. einige Kabel zu den Lautsprechern usw. wurden danach angelötet. Das ist heute im Prinzip nicht viel anders: die einzelnen Baugruppen z.B. eines PC oder Flachbildfernsehers werden vor Einbau ins Gerät geprüft. Dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Gerät nach Zusammenbau funktioniert, sehr hoch (in machen Geräten ist noch der eine oder andere Abgleich erforderlich).
Die Prüfung vor dem Verlöten halte ich deshalb für genauso unzutreffend wie die Geschichte, die vor einigen Jahren entweder hier oder in einem anderen Forum geschrieben wurde. Sie besagte, dass manche Hersteller ihre Geräte heutzutage nicht mehr abgleichen, sondern nur die Stellungen der Trimmpotis und anderen Abgleichelemente bei einem funktionierenden, optimal abgeglichenen Gerät abfotografieren und alle anderen Geräte dann genauso einstellen. Die paar % Geräte, die damit nicht funktionieren, könne man verschmerzen.
Das kunstvolle Verknoten der Anschlussdrähte in den Lötösen hat meiner Meinung nach einen anderen Grund: Nämlich eine zuverlässigere Kontaktgabe zu erreichen. Es ist bekannt, dass Lötstellen gelegentlich versagen. Dass sie das in Röhrenradios selten tun, liegt u.a. am Verhaken der Anschlussdrähte. In manchen Fällen ist es sogar vorgeschrieben: Netzspannungsführende Leitungen müssen so befestigt sein, dass sie auch ohne Verlötung schon mechanisch festgelegt sind. Welche Verbindung in einem Allstromgerät ist nicht netzspannungsführend
?
Oder es hat Gründe, die im Fertigungsablauf liegen: Eine oder mehrere Arbeiterinnen haben eine Anzahl Bauteile bestückt, die später erst verlötet wurden. Diese sollten natürlich vor dem Löten nicht wieder herausfallen. Aus dem selben Grund werden heute bei der Bestückung von Leiterplatten die Anschlussdrähte bedrahteter Beuelemente auf der Lötseite umgebogen.
Lutz