Servus, Was bedeutet „wirkliche Leistung“? Die Definition kann jeder für sich entscheiden, z. B. das eine EL84 unter bestimmten Einstellungen/Bedingungen 5,7W leistet bei 10% Gesamtklirrfaktor. Wenn das für die Person akzeptabel ist, ist das in Ordnung für mich. Eine EL84 bei der gleichen Einstellung leistet 3 W bei 5% Klirrfaktor, der Klirrfaktor wird natürlich wesentlich geringer, je kleiner die abgeforderte Leistung ist. Bezogen auf die Dampfradios mit der wohl am Meisten verbreitete Endröhre ab den 50-iger Jahren, also der EL84, mussten die Hersteller natürlich einen Kompromiss machen zwischen NF-Leistung und Haltbarkeit bzw. Kosten-Nutzen Analyse des jeweiligen Gerätes. In einem alten Röhrenradio erreicht die EL84 niemals ihre theoretische Ausgangsleistung von 5,7W, wenn alle Heiligen mithelfen, kommen wir vielleicht auf 2,5 bis 3 W Ausgangsleistung. Die Radiohersteller bauten keine hochwertigen Ausgangstrafos, sondern dieses prinzipiell teure Bauteil musste natürlich so preisgünstig wie eben möglich sein. Kleinster noch verträglicher Blechkern bei kleinster noch verträglicher Primärinduktivität und somit maximal übertragbarer Leistung; was den Gesamtklirrfaktor anging, bügelte das die manchmal sogar komplexe Gegenkopplung wieder gerade. Die Radios sollten klingen, sie sollten eine angenehme Atmosphäre verbreiten, den sogenannten Hörgenuss. Das heisst aber nicht, dass hier dann Frequenzbereiche von 20Hz bis 20Khz übertragen werden bei weniger als 1% Klirrfaktor, das ist pure Phantasie. Selbst das UKW-Band überträgt bis heute nicht diesen Frequenzbereich. Auch unter Einbeziehung des Wirkungsgrades der verwendeten Lautsprecher (ein anderes teueres Bauteil) können wir davon ausgehen, dass diese Radios ab 100Hz bis ca. 12 KHz (bei eingebauten extra Hochtönern und entsprechend ausgelegter Gegenkopplung, Stichwort Bumsbass!) uns den Hörgenuss verschaffen und das auch nur weil sie ein Holzgehäuse hatten, das resonanzmässig abgestimmt war auf die verwendeten Lautsprecher. Die Hersteller erprobten vorher verschiedene Gehäusemuster, die diesen Vorgaben und dem verfügbaren Budget/Designvorgabe entsprachen. Ich verweise an dieser Stelle auf die Ergebnisse von Heinrich Barkhausen, der feststellte, dass der kleinste hörbare Lautstärke Unterschied bei 15% liegt, will heissen bei dem ab 1932 eingeführten Zehner–Logarithmus beträgt dieser Unterschied 1,2 Phon (die Dezibel Skala gab es damals noch nicht, das muss man umrechnen). Die Dampfradios wurden natürlich nicht auf diese 15% Marke getrimmt, die Hersteller (alle) machten da natürlich den Kostenschnitt/Kompromiss. Aber die Radios „klangen“, was man bei den heutigen Plast-Produkten nicht mehr sagen kann. Kommen wir an dieser Stelle zu den Verstärkern und nehmen wir auch hier als Beispiel wieder die EL84. Dazu geistern gerade heute im Internet die reinsten Phantasien herum. Liebe Leute, kommt mal wieder auf den Boden der Physik zurück, ohne A. Einstein zu bemühen. Man weiss, dass der maximale Wirkungsgrad einer Pentode bei ca. 50% liegt (siehe dazu wieder Schröder/Barkhausen bei ihren Grundlagenuntersuchungen), bei Trioden weniger bei ca. 30%. Das ist bedingt durch die vom Hersteller vorgegebene PAV, die bei der EL84 bei ca. 12 W liegt. Also ist die verfügbare Nutzleistung bei ca. 6W, was von den Herstellern bestätigt wird, also 5,7 W. Ohne jetzt Klirrfaktormessungen im Einzelnen zu bemühen (Spektrum d, d1, d2, d3, dxx) leistet die EL84 diesen Wert, in Gegentakt max. 17W. Aber dann ist wirklich Ende Gelände, der Rest ist reine Phantasie! Verstärkt durch die Tatsache, dass dabei der Gesamtwirkungsgrad der Übertragerkette unberücksichtigt ist. Und das ist am Ende der benutzte Ausgangsübertrager/Lautsprecher. Um einigermassen in diesen Leistungsbereich zu kommen, benötigt man minimal einen EI84 Kern mit mehrfach verschachtelten Wicklungen (Stichwort Streuinduktivität), besser einen M102 Kern. Wer glaubt, das man mit 4xEL84 in Gegentakt-Paralell auf 40 W kommt, glaubt auch noch an den Weihnachtsmann, bei 35W ist absolut Schluss (siehe dazu RIM-Imperator, der aber auf Lebensdauerkosten der Endröhren völlig ausgeknautscht wurde mit absolut grenzwertigen Arbeitsspannungen). Hierzu siehe oben wieder Barkhausen (15%), ein Unterschied zwischen 35W und 40 W ist nicht hörbar. Also bitte liebe Forumsteilnehmer, bleiben wir auf dem Boden der Grundlagenphysik und vergnügen uns damit, das die Dampfradios das machen, was sie sollen, nämlich Hörgenuss zu bieten. Soweit als kleine Einführung.
_________________ Gruss aus Trient, Volker http://luxkalif.de.tl/
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