hallo,
ich möchte hier mal einen Thread anlegen für ein Stück Technikhistorie, das nur wenige Leute kennen, obwohl es für die spätere Entwicklung bei den Plattenspielern von großer Bedeutung war - die Sonderklasse Laufwerke von Perpetuum Ebner. Hier ist ein Link zu einer umfassenden Beschreibung der ersten Generation dieser Laufwerke:
http://www.nerstheimer.de/bilder/pe_sonderklasse_ft2_52_web.pdfDie technische Innovation besteht eigentlich aus zwei Dingen - einmal die grundsätzlich neue Laufwerkskonstruktion. Man muss sich vor Augen führen, dass es 1951, als die ersten Labormuster dieser Plattenspieler auftauchten, noch üblich war, den Plattenteller mit einem Schneckenmotor anzutreiben wie vor dem Krieg, und dass die Abtaster mit zweistelligen Grammzahlen auf der Rille auflagen. Die neuen PE-Laufwerke waren die ersten für den privaten Anwender bestimmten Geräte, die einen Kombinationsantrieb aus Riemen und Reibrad besaßen. Damit hatten sie eine Laufruhe, die es bei Plattenspielern bis dahin nicht gab. Die Laufwerkskonstruktion fand sich schnell wieder in den sehr erfolgreichen Plattenwechslern Rex und Rex A, die bis in die späten Fünfziger den Markt für Truhenausstatter dominierten.
Die zweite technische Innovation hat sich wegen des doch noch sehr hohen Preises in den Fünfzigern nicht wirklich durchgesetzt, ist aber ab den sechzigern in fast jedem HiFi-Plattenspieler für zuhause zu finden - der Tonabnehmer mit bewegtem Anker in einem konstanten Magnetfeld, bekannt als Moving Magnet oder MM-Abtaster.
Die PE-Laufwerke, die ab Werk mit so einem System ausgestattet waren, bekamen auch gleich einen Entzerrer Vorverstärker eingebaut, damit sie an einem normalen Phonoeingang eines Röhrenradios betrieben werden konnten. Hierdurch wurden die Plattenspieler aber teuer - knapp 300 DM kostete der erste Rex Sonderklasse gegen knapp 150 Euro für den Standard Rex mit Kristallsystem. Ausserdem waren die ersten beiden Generationen noch mit Systemen ohne Nadelumschaltung ausgestattet - d.h. wenn man zwischen Schellackplatten und Vinylplatten wechseln wollte, musste das ganze System getauscht werden. Standardmäßig lagen jedem Laufwerk zwei Abtaster bei, ein weisses für Normalrillen und ein rotes für Mikrorillen - als Sonderausführung gab es noch ein violettes für Schellackplatten mit größeren Rillen, wie sie vor dem Krieg noch üblich waren. Die Systemtauscherei führte zu einem Standardfehler - dem abgebrochenen Tonkopf. Hinzu kam, dass die Systeme zunächst keine austauschbaren Nadeln hatten - nach wenigen hundert Betriebsstunden musste das ganze System getauscht werden. Diese Unpässlichkeiten haben dazu geführt, dass die wenigen noch existierenden Laufwerke oft mit erneuerten Tonarmen ( weiss statt rot ) anzutreffen sind, und dass sie fast immer irgendwann in ihrem Leben mit dem umschaltbaren Kristallsystem des normalen PE-Laufwerkes ausgerüstet wurden.
Ein kleines Schmankerl hatten alle Sonderklasse Laufwerke der Fünfziger - eine Drehzahl Feinregulierung mit einer Wirbelstrombremse. Heute erkennt man ein Sonderklasse Laufwerk an zwei Dingen eindeutig - an dem Schieber für die Feinregulierung und an den drei Drehreglern für den Entzerrer Vorverstärker. Einige Sonderklasse Laufwerke hatten darüberhinaus noch eine beleuchtete Tonarmstütze.
Richtig rund war die Konstruktion erst in der zweiten Hälfte der Fünfziger Jahre mit der Einführung des PE7000. Der Rex A Sonderklasse dieser Zeit hatte einen Arm mit steckbarem Tonkopf. Dieser Kopf besaß eine 1/2" Befestigung für Tonabnehmer. Der PE7000 war ein Wendesystem, das mit zwei Nadeln bestückt war, ähnlich wie die bekannten Ronette Kristallsysteme. Mit einem kleinen Drehknopf vorne am Tonkopf wurde zwischen Mikrorille und Normalrille gewählt. Hier konnten auch die Nadeln gewechselt werden. Für die Besitzer früherer Magnetsysteme ( PE3000 und PE5000 ) bot PE den Service an, sie im Werk so umzubauen, dass sie mit den Nadeln des PE7000 auszustatten. Das PE7000 ist auch von den Mono Systemen das einzige mit einer gewissen Bekanntheit, es wird heute gerne in HiFi-Laufwerken zum Abspielen von Mono-Platten verwendet. Diese Beliebtheit hat auch dazu geführt, dass es mittlerweile Nachbaunadeln für das System gibt, die sich mit etwas Geschick auch in die früheren Magnetsysteme einbauen lassen.
Der Rex A Sonderklasse mit PE7000 ist problemlos in der Lage, die etwas robusteren Abtaster späterer Generationen zu führen. Ein Praxistest mit einem Shure M75 lief problemlos, auch deshalb weil der Plattenspieler trotz Mono-Auslegung schon zweikanalig verkabelt ist.
Auf die Spitze getrieben wurde es in den späten Fünfzigern - da gab es von PE ein Einfachlaufwerk mit einem Tonabnehmer und Tonarm von Bang und Olufsen. Das Laufwerk basierte weiterhin auf dem des Rex A, erhielt aber einen schweren Plattenteller. Hiermit nahm man das Konzept des Heimstudio Einfachspielers um ca. fünf Jahre vorweg. Mit diesem Laufwerk konnten schon in den späten Fünfzigern Platten mit einer Qualität abgetastet werden, die mit einem modernen Mittelklasselaufwerk von heute mithalten kann.
Auch von den Nachfolgemodellen des Rex A gab es Sonderklasse Varianten, z.B. den Rex DeLuxe Sonderklasse. Die Sonderklasse-Linie wurde in den frühen sechzigern aufgegeben, als die ersten echten HiFi-Laufwerke auf den Markt kamen, der PE33 und der PE34.
Plattenspieler wurden in den Fünfzigern noch nicht als Einzelkomponenten gekauft, sondern eingebaut in eine Truhe oder als Koffergerät. Meines Wissens gab es wenige Sonderklasse - Koffer, die als "Ultra High Fidelity" verkauft wurden. In Truhen wurden die Laufwerke nur selten eingebaut. Die Grundig 9010 hat z.B. den ersten Rex Sonderklasse mit dem roten Tonarm und dem Abtaster PE3000 eingebaut. Später ging Grundig dazu über, die Spitzenmusikschränke zwar mit Magnetsystemen zu bestücken, diese aber in Standardlaufwerke ohne Entzerrer Vorverstärker einzubauen, und stattdessen die Radiochassis mit Phono-Vorstufen auszustatten. Solche Truhen sind z.B. die 9080 oder die 9099 . Ebenfalls mit Sonderklasse Laufwerk bestückt ist die Siemens Mono HiFi Anlage HFK12 von 1958, zu bewundern hier:
http://www.radiomuseum.org/r/siemens_hi ... k12_1.htmlEine Anwendung des ersten PE Magnetsystems sticht ein wenig heraus. Das Schaub Supraphon / Lorenz Heimstudio, diese Plattenspieler/Drahtton-Kombination, war in der ersten Generation noch mit dem aus der Vorkriegszeit stammenden Telefunken/Siemens Tonarm TO100x ausgestattet. Ob es daran lag, dass dieser Tonarm nicht mehr verfügbar war, weiß ich nicht, auf jeden Fall waren die späteren Laufwerke mit einem PE-Tonarm in schwarz bestückt und trugen das Magnetsystem PE3000 in der Normalrillenvariante.
Weshalb ich das hier schreibe, hat mehrere Gründe. Zuerst würde mich ganz allgemein interessieren, ob es hier noch Leute gibt, die PE Sonderklasse Plattenspieler besitzen und evtl. sogar benutzen. Dann möchte ich vermeiden, dass mit den letzten übrig gebliebenen Geräten das passiert, was früher gang und gäbe war - dass sie einfach mit Kristallsystemen umgerüstet werden, damit sie wieder funktionieren. Zumindest bei den drei Mono-Varianten PE3000, PE5000 und PE7000 kann ich sagen, dass man fast jedes System wieder zum Leben erwecken kann. jeder, der sowas zuhause stehen hat, kann sich gerne an mich wenden. Und wenn jemand so ein Teil in meine Richtung werfen möchte, bin ich natürlich auch nicht böse
. Fotos stelle ich gerne noch ein, wenn es gewünscht ist.
Gruß Frank