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BeitragVerfasst: Mi Mär 14, 2012 15:20 
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Hallo!

Ich möchte euch meine letzten beiden Projekte vorstellen. Die modernen, sachlichen mid-60er.
Einen Siemens Klangmeister III – RG43 der als Küchenradio dient und ein Turandot 6/615, welches das Nordmende Oberon 55 als Wohnzimmerradio ersetzt.

Zuerst der Klangmeister:
Ich suchte ein Küchenradio. Das Gerät bekam ich recht günstig für rund 9,- Euro. Die Grundsubtanz war nicht schlecht, das Gehäuse kaum verkratzt. Lediglich der Bespannstoff war etwas verschmutzt. Leider habe ich keine "Vorher-Bilder" gemacht. Ein erster Test mit Trenntrafo verlief positiv, das Gerät lief auf allen Bändern. Also Demontage. Der Zustand im inneren war leider nicht so toll, sehr viel schmieriger, rußartiger Schmutz. Zusätzlich stellte ich eine erhebliche Wärmebelastung im Bereich der ECL86 fest. Was noch dazukam, war die Tatsache, dass der Schaltplan nicht mit den tatsächlichen Verhältnissen übereinstimmte. Es zeigte sich ein Mischmasch aus dem Schaltplan und dem des Vorgängermodells, dem Klangmeister IV RB30. Glücklicherweise konnte das Problem eines abgerauchten Kondensators zur Schwingungsdämpfung der ECL86 dank unseres Forums gelöst werden, siehe: http://dampfradioforum.de/viewtopic.php?f=2&t=10094

Nachdem ich das Chassis mühevoll gereinigt hatte und die Kondensatoren im Umfeld der ECL86 sicherheitshalber gewechselt hatte – ich konnte eine hitzebedingte Schädigung nicht ausschließen – lief alles wieder 1a.

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Nun ging es an dem verschmutzten Schallwandstoff. Ich demontierte die Schallwand und versuchte das hier bekannte Rezept mit dem Schampoo, was leider misslang. Erstens wurde der Stoff nicht sauber, zweitens löste er sich von der Schallwand und drittens verlief ein Waschversuch in der Waschmaschine (Wolleprogramm) negativ, da er von der Größe her nun einem kleinen Transistorradio passte.
Abhilfe schaffte ein Besuch im Stoffgeschäft, dort erwarb ich sog. Stickgrund, ein überall erhältlicher Universalstoff, der gut zu Mid-60ern passt. Beim Aufkleben gab es auch leichte Probleme, die aber recht schnell gelöst werden konnten: http://dampfradioforum.de/viewtopic.php?f=33&t=9822

Dann erfolgte noch die Aufbereitung des Holzes. Viel war da nicht zu machen. Aus der Putzmittelkiste meiner Frau nahm ich „Fleckenkönig“, eine gute Möbelpolitur, die dem Gehäuse die nötige Auffrischung gab.

Der Zusammenbau ging schnell von der Hand, vorher noch als mindestens „gut“ getestete Röhren rein und fertig ist der Küchenradio.

Vom Klang des Gerätes war ich ziemlich überrascht, ich hätte nicht gedacht, dass ein so kleines Gerät so gut klingen würde.

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Die Tage kommt der zweite (Turandot) Teil und ein kleines Fazit.

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BeitragVerfasst: Di Mär 27, 2012 8:05 
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Hallo!

Ich habe euch ja noch den zweiten Teil der 60er-Restaurationen versprochen.
Ja der Nordmende Turandot 6/615. Mein Oberon 55 sollte nach ca. 4 Monaten Wohnzimmerbetrieb eine kleine Pause bekommen. In meinem Fundus befand sich das o.g. Gerät. Ich hatte es mal bei Ebay für 25,- Euro ersteigert. Das klingt recht viel für ein Mitte 60er Jahre Gerät aber insbesondere das Gehäuse befand sich in einem 1a Zustand, man könnte es fast als neuwertig bezeichnen. Außerdem finde ich, dass die späten 60er irgendwie was haben. Der moderne und sachliche Stil spricht mich an.
Da ist ja nicht viel dran zu machen war mein Gedanken, das Gehäuse ist in einem super Zustand und auch das Chassis braucht nur eine Reinigung und ein paar neue Kondensatoren. Ob man die Kondensatoren unbedingt hätte tauschen müssen ist auch so ein bisschen einen Glaubensfrage. Es waren Wima Durolit. Zumindest einer davon war außerhalb der Toleranz. Den Netzelkos tausche ich grundsätzlich, auch den Ratio- und Kathodenelko. Auch hier würde ich das Ganze wieder als Glaubensfrage betrachten, seit ein paar Tagen bin ich jedoch hier auch etwas vorsichtiger, in einem Siemens Klangmeister IV RB30 von 1963/64 habe ich einen 4 uF Ratioelko ausgebaut. Bei anschließenden Messung zeigte er über 14 uF.
Also ran ans Werk. Das Gerät war schnell zerlegt und nun ging es erstmal ans Testen. Dabei stellte ich fest, dass der Empfang auf UKW sehr ordentlich war, auf den AM-Bändern jedoch nicht zu hören war. Ich suchte, überlegte, probierte … und fand den Fehler nicht. Bis mir auf einmal auffiel, dass die EM84 in den AM-Bändern ausschlägt, es musste also was da sein. Da fiel mein Blick auf die EBF89. Normalerweise ist diese ja selten defekt, aber man kann ja mal testen. Und siehe da, andere Röhre und der AM-Empfang war da. Beim testen der Röhre stellte sich heraus, dass beide Dioden tot waren.
Dann kam das Kapitel mit dem verzerrten Klang im Bassbereich. Ich habe wirklich alles getestet und hatte schon fast den Hammer in der Hand. Zum Glück fand das Ganze ein gutes Ende, auch mit Hilfe des DRF:
viewtopic.php?f=2&t=10483

Als dann alles soweit o.k. war, ging es ans Saubermachen, Gehäuse polieren und die sonstigen Kleinarbeiten. Eigentlich wollte ich anstatt der ECC85 eine russische 6N1P verwenden, jedoch musste ich feststellen, dass die Russin doch nicht so ganz kompatibel ist. Den Tuner nachstimmen wollte ich nicht, also habe ich letztendlich eine gute ECC85 verwendet.

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Die umgebaute Endstufe:
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Der Ausgangsübertrager, platziert am Lautsprecher:
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Zu guter Letzt war dann alles soweit einbaufertig. Das Gerät steht mittlerweile im Wohnzimmer und verrichtet dort zuverlässig seinen Dienst. Wieder mal ein kleines Lehrbeispiel, ich sage nur: Da muss man nicht viel machen und ist schnell fertig. Alleine die Fehlersuche und der Umbau in der Endstufe hat mich geschätzte 10 Stunden Arbeit gekostet.

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Wenn ich die beiden Geräte vergleiche, würde ich sagen, dass das Turandot besser und hochwertiger verarbeitet ist, auch das Gehäuse macht einen qualitativ besseren Eindruck. Was beim Klangmeister sehr nervig ist, ist die unbeschriftete Platine – such den Kondensator… Nordmende hat hier dem Bastler einiges an Arbeit abgenommen. Was beim Turandot auch gut gelöst ist, ist die Positionierung der ECL86. Sie sitzt in entsprechender Entfernung zu den anderen Bauteilen und kann dort gut die entstehende Wärme abgeben. Beim Siemens ist da ja ein richtiger „Hotspot“, direkt neben dem Trafo.
Das einzig Negative beim Turandot ist der Ausgangsübertrager, dazu s.o.
Jedoch merkt man bei beiden Geräten, dass die Qualität der 50er Jahre teilweise nicht mehr vorhanden ist. An einigen Stellen einfache, billige Lösungen, mit Sicherheit erste Rationalisierungmaßnahmen.

Klanglich sind beide Geräte wirklich gut. Dem kleinen Gehäuse des Klangmeisters würde man einen solchen Klang nicht zutrauen. Das Turandot ist auch o.k., allerdings hätte hier ein etwas größerer Lautsprecher (wie beim Carmen und Skandia 6/615) noch etwas mehr Volumen gebracht. Im Vergleich zum Oberon 55 fehlt auch etwas Leistung. Die ECL86 hat halt weniger Dampf als die EL84. Wobei man doch den Unterschied zwischen einem Holz- und einem Bakalitgehäuse deutlich merkt.

So jetzt habe ich noch ein Siemens Klangmeister IV RB30 für einen Bekannten fertig zu machen. Im Spätjahr folgt dann – wenn nichts dazwischen kommt – ein Blaupunkt Florenz 21350 Stereo. Dann werden die 60iger wieder verlassen … oder auch nicht, man weiß ja nie was noch kommt.

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Zuletzt geändert von captain.confusion am Di Mär 27, 2012 8:21, insgesamt 2-mal geändert.

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BeitragVerfasst: Mi Mär 28, 2012 11:07 
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Hallo captain.confusion,

sehr schön geschrieben und toll bebildert :super: . Macht wirklich Spaß, solche Berichte zu lesen.

Zur defekten EBF89: da ist mir ja kürzlich (ich berichtete an anderer Stelle) ja fast das Gleiche untergekommen.

Was Deine Einlassung zur "Qualität" oder besser "Ausstattung" dieser Geräte angeht, so will ich Dir beipflichten. Zumindest soweit es diese Mittelklassegeräte anbelangt, andere Vergleichsmöglichkeiten habe ich nicht in meinem Fundus.
Mein Graetz Comtess03 nordisch besticht ebenfalls durch gute Empfangseigenschaften, jedoch wurde deutlich erkennbar am Lautsprecher bzw. an den Klangeinstellmöglichkeiten gespart. Kein Vergleich mehr zu in vergleichbarer Klasse angesiedelten Geräten aus den 50ern.
Offenbar hatte sich das Käuferverhalten geändert, was den Herstellern sicherlich entgegen kam.
Viele dieser Mittelklassegeräte besitzen nur z.B. noch 1 schnöden Klangregler, wie dereinst Vorkriegssuper.

Zugleich beobachte ich einen vernehmbar steilen Preisanstieg dieser Geräte, zumindest soweit die Rundfunkkataloge der 60er noch die Händlereinkaufspreise ausweisen (teilweise wurden diese nicht mehr eingedruckt). Ob Reallöhne in gleichem Maße anstiegen, weiß ich nicht; es scheint jedoch, dass für sparsamere Ausführung der Geräte zugleich deutlich mehr Geld verlangt wurde.

Gruß
k.

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k. steht für klaus

Kenntnisse kann jeder haben, aber die Kunst zu denken ist das seltene Geschenk der Natur.
(Friedrich II.)


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BeitragVerfasst: Mi Mär 28, 2012 12:56 
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@captain.confusion, toller Bericht... :super:

Ja, ist schon manchmal erstaunlich, was kleine Mittelsuper hergeben können- Ja, nur 1 Lautsprecher, aber sorgfältig gefertigt, mit Luftspalten, für die ein Staubkorn ein Balken wäre, Ergebnis ein hoher Wirkungsgrad- bei den -im Vergleich zu heute- geringen Ausgangsleistungen damals ein Muß. Ein gutes Holzgehäuse bringt bekanntlich sehr viel für den Klang, sorgfältig bemessene NF- Stufen und Klangsteller lassen vermuten, daß man gelegentlich noch ein bißchen Mühe auf die Entwicklung solcher Geräte verwandt hat.

Edi


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BeitragVerfasst: Mi Mär 28, 2012 14:43 
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Registriert: So Okt 30, 2011 9:11
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Hallo!

Ich möchte den damaligen Ingenieuren nicht nachsagen, dass sie sich bei der Entwicklung solcher Geräte keine Mühe gegeben haben, weder hinsichtlich des Chassis noch des Gehäuses.
Ich denke halt, dass man damals hinsichtlich der rationellen Entwicklung und Produktion schon wesentlich mehr Kompromisse eingehen mußte als Mitte/Ende der 50er Jahre. Man mußte marktfähig bleiben. Um dies zu bewerkstelligen hat man hier und da mal den "günstigeren" Weg bestritten. Auch in Hinblick auf die gestiegenen Löhne, wie Klaus schon angedeutet hat. Nehmen wir doch mal das Nordmende Carmen. Wohl das Gerät, was man neben dem Tannhäuser mit dem Namen Nordmende in Verbindung bringt. Stets ein Gerät der gehobenen Mittelklasse. Anfänglich (53-55) noch mit einem Lautsprecher, dann immer weiter verbessert zum 3D Gerät mit Klangregister, drei Lautsprechern, anderer Zusatzaustattung und teilweise einer Gegentaktendstufe mit ECLL800. Was es leider nie erreichen konnte war der "Stereostatus". Gegen Ende hatte man dann das gleiche (Einheits)Chassis wie beim Turandot eingebaut, begnügte sich mit zwei Lautsprechern, einer nur noch 3,5 Watt leistenden ECL86 Endstufe, hatte keine verstellbare Ferritantenne mehr usw.
Zudem stand die Transistorzeit nicht nur vor, sondern eigentlich schon in der Tür. Leider mußte das ruhmreiche Carmen diesen Weg auch noch gehen. Inwiefern es sich noch gegen Geräte aus Fernost, die weniger als die Hälfte kosteten durchsetzen konnte kann ich leider nicht einschätzen.

Viele Grüße: Frank

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BeitragVerfasst: Sa Mär 31, 2012 17:16 
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Hallo!

Ich bin euch noch einen schuldig!
Ein Siemens Klangmeister IV RB30, den ich für einen Bekannten genacht habe. Eine aus zwei mach eins Restauration. Wie so oft, einmal schlechtes Gehäuse mit gutem Chassis aber defekter Skalenscheibe, einmal gutes Gehäuse mit guter Skalenscheibe aber unendlich versifftem Chassis und defektem Tastensatz.
Glücklicherweise war es eine Restauration ohne Hindernisse, ein paar Kondensatoren und Elkos tauschen, alles schön saubermachen, Bespannstoff absuagen, Gehäuse leimen und aufpolieren, Dauertest und zusammenbauen.
Der RB30 ist übrigens der Vorgänger des RG43 von oben. Klanglich nicht ganz so gut, da der Lautsprecher etwas kleiner ist und das Gehäuse auch. Was mich verblüft ist der gute AM-Empfang auf allen Bändern.

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Man beachte die ECH81 von Telefunken in der seltenen Ausführung

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So, jetzt ist erstmal Radiopause.

Viele Grüße: Frank

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