Hallo zusammen,
eigentlich wollte ich ja keine Radios mehr beim Trödler kaufen, und einen DKE habe ich schon. Bei näherem Hinsehen fiel mir bei dem Radio im Schaufenster allerdings das fehlende Hakenkreuz (nicht dass ich es vermisst hätte) und der gute Zustand dieses Kleinradios auf.
Ich ging also doch in den Laden, guckte etwas rum und fand zunächst noch einen Taschenfernseher(winzige CRT mit Radio) aus den späten Siebzigern für 5,-; aber dazu dann an anderer Stelle mehr.
Also der DKE war ein gut erhaltener EDLY-Kleinempfänger, ich schätze von etwa 1949/50, offenbar hatte die Berliner Firma Edly von Fritz Rhode nach dem Krieg mehrere Modelle und Varianten auf DKE-Basis hergestellt.
Die Preisverhandlungen gestalteten sich einfach:
"Watt solln die Joebbels-Schnautze kosten?"
"achzich"
"Hab aba keen Hakenkreuz!"
"Watt nich? Najut vierzich"
"Jeht der denn übahaupt noch"
"Keene Ahnung Mann, nimm mit für zwanzich"
"Najut"
Also das ist das gute Stück, so wie ich es bekommen habe:
Ohne Reichsadler und Hakenkreuz merkt man erst mal, dass das ein wirklich schönes einfaches Design ist:
Die Rückwand ist schlichter Pappkarton, wesentlich unstabiler als normale Radiorückwände:
Innen drin fiel zunächst die Röhrenbestückung (nur eine UCL81) auf und dass der Magnet von der Volkströte abgerissen war.
Ein Blick auf das Chassis zeigt noch mehr Änderungen zum Kriegs-DKE:
Ein Doppelelko mit 2 x 8 MFd Marke "Kleinelyt", bei dem alle vier Anschlüsse herausgeführt sind.
Ausserdem ein Trockengleichrichter (wieso heisst das eigentlich so, Röhrengleichrichter sind doch auch nicht nass, nicht mal Quecksilber würde ich nass nennen, bestenfalls flüssig), der auf den ersten Blick für einen Kondensator gehalten werden könnte (das schwarze Teil neben dem Doppel-Elko).
Der Spulensatz ist moderner, kleiner und der Netzschalter ist nicht mehr die bekannte Wackelkonstruktion. Der hier verwendete Netzschalter ("Bruchfest" bestempelt aber defekt) wurde in mehreren Edly-Geräten verwendet, ebenso die anderen abweichenden Teile. Ich vermute daher, dass das alles "original" ist. Der DKE-Heizungs-Vorwiderstand wurde "verlängert" um die abweichenden Bedürfnisse der UCL81 zu befriedigen.
Ausserdem sind nur zwei Antennenbuchsen vorhanden und der Entbrummer wurde durch einen 200-Ohm Festwiderstand ersetzt. Ebenso ist die Drossel einem 1,6K-Widerstand gewichen. Es ist kein Netz-Brummen hörbar, daher ist das mehr als nur eine Einsparung.
Da ich nicht nicht viel verändern wollte, habe ich(nachdem ich den Lautsprecher problemlos reparieren konnte) nur den Doppel-Elko und ein paar "wichtige" Kondensatoren neu befüllt (ganz neues Befüllgefühl, seit ich den schwarzen Heisskleber habe) und das Radio dann einige Stunden mit 110-Volt betrieben (Heizwiderstand entprechend gebrückt) und mich dann mit dem Trennstelltrafo an die 230V gewagt.
Seitdem spielt der Kleine ohne Probleme und mit wesentlich besserer Leistung als der original DKE, den ich kürzlich komplett restauriert hatte. Klang, Lautstärke, Empfangsleitung und Rückkopplungseinsatz sind um einiges besser, als beim alten DKE. Es ist also offenbar gleichzeitig ein Not-/Ersatz-Radio, aber auch eine Weiterentwicklung.
Die Knöpfe scheinen übrigens auch die "Originalen" zu sein, da ich im Netz die gleichen an anderen Edly-Radios gesehen habe.
Das ist ein schönes kleines Radio.
Grüsse aus Berlin,
Jean