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VERA-Videorecorder der BBC, 1952
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Autor:  Ben [ Mi Nov 25, 2009 12:20 ]
Betreff des Beitrags:  VERA-Videorecorder der BBC, 1952

Eine eher skurrile - aber prinzipiell einfache - Methode der magnetischen Video-Bandaufzeichnung entwickelte die BBC schon im Jahr 1952. Aufgezeichnet wurde dabei im Längsspurverfahren mit einer Bandgeschwindigkeit von 5 Metern pro Sekunde, Spielzeit 15 Minuten.

Zu dieser Apparatur namens VERA fand ich beim Stöbern im Netz eine nette, ausführliche Seite mit Beschreibungen und Bildbeispielen:

http://www.vtoldboys.com/vera.htm#btm

Durchgesetzt hat sich dieses absurde Konstrukt nicht - gegen die um 1958 aufkommende Ampex-MAZ mit ihren 2-Zoll-Bändern von 1 Stunde Laufzeit hatte das VERA-Verfahren keine Chance.

Gruß Ben

Autor:  Gerufon [ Mi Nov 25, 2009 23:05 ]
Betreff des Beitrags: 

Klasse! :D

Der Moderator der englischen Fernsehsendung erinnert mich stark an diesen Herrn hier:
Bild
Die Stimme und die Gestik passen, und das auch noch in wissenschaftlichem Umfeld. :wink:

Autor:  Ben [ Do Nov 26, 2009 0:59 ]
Betreff des Beitrags: 

Hallo Gerufon,

das Problem war ja damals, dass man TV-Bilder bestenfalls von der Mattscheibe abfilmen konnte, um sie zu speichern. Und wie ein so abgefilmtes Bild auf 16-mm-Streifen dann aussieht, wenn es bei einer Wiederholung durch einen Filmabtaster geschickt wird, kann man sich vorstellen: grau, Griesel, Grusel. Es gab keine Möglichkeit, die hochfrequenten TV-Bild-Informationsströme direkt aufzuzeichnen.

Deswegen gab man sich alle Mühe, trotzdem den direkten Weg zu gehen, also ohne den Umweg über optischen Film. Zweckmäßigerweise versuchte man das damals auf Magnetband, denn mit diesem Speichermedium hatte man im Ton ja schon einige Erfahrung gesammelt.

Die erste wirklich praktisch brauchbare MAZ war dann in den 50ern das amerikanische sog. Ampex-Format mit Querspuraufzeichnung auf 2-Zoll-Bändern, einen solchen - für damalige Verhältnisse hochkomplizierten - Recorder kaufte innert der ARD im Rahmen eines Pilotprojekts der SWF Baden-Baden erstmals, der Kaufpreis dieser einzigen Videorecorder-Anlage war sagenhaft.

Die Bildwiedergabe war aber besser als auf Film, das aufgezeichnete Bild hatte weder Laufstreifen noch Staubblitzer, es zuckte und flimmerte nix, sondern stand TV-typisch vollkommen statisch und stabil, und notfalls konnte man es sogar mit einer speziellen Bandschere schneiden. Und man konnte beliebig löschen und überspielen. Die Bildwiedergabequalität entsprach praktisch einem Live-TV-Bild. (Im Gegensatz offenbar zum britischen VERA-Verfahren.)

Und so nahm alles seinen Lauf... :shock:

Die frühen Mühen der TV-Anstalten, ihr Programm magnetisch (zwischen)zuspeichern, wären eigentlich ein eigenes Kapitel wert - ... :wink:

Heutzutage wird nach ganz anderen Prinzipien und auf völlig anderen Medien aufgezeichnet und (numerisch) nachbearbeitet - Bild wie Ton - und das ist gut so. Die analoge Magnetband-Ära hat ihre Zeit absolut hinter sich, das war eine Episode, und es ist gut, dass sie um ist, so schön sie gewesen sein mag (Privatmeinung).

Gruß Ben

Autor:  Fernsehjeck [ Do Nov 26, 2009 6:50 ]
Betreff des Beitrags: 

Das norwegische Fernsehen hat im Flur ihres Sendezentrums in Oslo
auch noch eine AMPEX-Maschine stehen. :wink:

Autor:  Gerufon [ Do Nov 26, 2009 8:04 ]
Betreff des Beitrags: 

@Ben:

Bierchen aufmachen, bequem hinsetzen und dann hier klicken:

http://www2.tonbandmuseum.info/magnetband_story1.0.html

Man liest sich, in ein paar Tagen. :mrgreen:

Autor:  Fernsehjeck [ Do Nov 26, 2009 12:38 ]
Betreff des Beitrags: 

Gerufon sei Dank! :super:

Autor:  Nite_City [ Do Nov 26, 2009 16:19 ]
Betreff des Beitrags: 

Zitat:
Das norwegische Fernsehen hat im Flur ihres Sendezentrums in Oslo
auch noch eine AMPEX-Maschine stehen. Wink


Da musste gar nicht so weit fahren, beim MDR in Leipzig steht das Zeug auch auf dem Flur rum :wink:

Bild

Außerdem noch andere schöne Sachen:
Bild Bild

Sorry, etwas große Bilder, hab aber gerade keine Zeit zum Verkleinern.

Beste Grüße,
Michèl

Autor:  Ben [ Fr Nov 27, 2009 16:51 ]
Betreff des Beitrags: 

Als Ergänzung hier mal das zentrale Eingeweide einer Querspur-MAZ, nämlich die Magnetköpfe ("Headwheel"):

Bild

Die Köpfe sitzen nicht auf dem großen grauen Teil, sondern auf dem schmalen Rad rechts neben dem Messing-Zwischenstück. Das Band läuft dachrinnenartig gebogen an dem schnelldrehenden Rad vorbei, dabei entstehen Spuren nahezu senkrecht zur Bandlaufrichtung.

Aufgenommen im Foto- und Filmmuseum Deidesheim/Pfalz 2009.

Gruß Ben

Autor:  Rocco11 [ Fr Nov 27, 2009 17:18 ]
Betreff des Beitrags: 

Hallo,

Zitat:
Das Band läuft dachrinnenartig gebogen.....

Irgendwo las ich mal, daß das Band mittels Unterdruck an die graue Walze angepresst worden sei. Wen dem so wäre, dann müßte ja auch noch sowas wie eine Saugpumpe in dem Gerät eingebaut sein. :roll:
Vorne auf dem Bild ist auch noch was zu sehen, das man für einen Pneumatikschlauch halten könnte.

Gruß

Rocco11

Autor:  Ben [ Mo Nov 30, 2009 2:44 ]
Betreff des Beitrags: 

Hallo Rocco,

ja, es wurde mit Ansaugpumpen gearbeitet.

Frage mich aber bitte nicht nach Details, denn die sind - jedenfalls bei dem, was ich in der Literatur finde - widersprüchlich. (Und für die Praxis bin ich, obschon alt, zu jung.)

Angeblich wurde das Band an die rückwärtige, also trägerseitige "Anpressform" angesaugt, das kann aber eigentlich nicht stimmen. Das widerspräche der Möglichkeit, die Bänder "blutig" zu schneiden. Auf Stoß geklebt, wäre dann ja hinten der Klebestreifen drauf, das Band an dieser einen Stelle also erheblich dicker, und beim Abspielen der Schnittstelle gäbe es dann üble Irritationen. Die Andruckform höbe kurzzeitig regelrecht ab, es gäbe bestenfalls Aussetzer, schlimmstenfalls "Durchfaller" wegen Synchronverlust, und ich kann mir auch beim besten Willen nicht vorstellen, dass das Abtastrad einen solchen Vorgang überlebt hätte. (Das war aber in der Praxis anders, die 2-Zoll-MAZ-Bänder ließen sich völlig störungsfrei schneiden.)

Es müsste also, wenn überhaupt, in Richtung des Abtastrads angesaugt worden sein.

Genaues weiß ich nicht!! - Wenn wir mal irgendwo die Möglichkeit haben, an so einem Recorder herumzuspielen, dann sollten wir das mal tun, dann wissen wir's.

Gruß Ben

Nachsatz: Interessanter als die Technik ist eigentlich die kultur(historische) Bedeutung der MAZ, also die Möglichkeit, auch lange Strecken verlustfrei in Live-Qualität speichern, dann ggf. schneiden und zeitversetzt senden zu können. Das war revolutionär und hat z.B. die Dramaturgie von Fernsehspielen nahezu umgewälzt.

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