ganz so war es nicht. In den sechzigern gab es noch eine Menge Entwicklung bei den Musikgeräten.
Bei der Einteilung der Geräte muss man ein wenig aufpassen - in der Zeit bis etwa 1963 war es so, dass das normale Endgerät das Radio war. Der Studiobetrieb, also das Abspielen von Konserven kombiniert mit Live Beiträgen, fand beim Sender statt, und auch die höherwertige Phonotechnik war bis auf wenige Ausnahmen für den Studiobetrieb konzipiert.
HiFi wurde in der Anfangszeit gerne als Heimstudiotechnik bezeichnet, und das, finde ich, trifft es sehr gut. Die Technik, um Rundfunkprogramm klanglich hochwertig ins Haus zu bringen, war schon ausgereift und in Großserie preiswert verfügbar - deshalb sind die frühen Verstärker, Tuner und Lautsprecher auch technisch stark verwandt mit den Röhrenradios davor. Den eigentlichen Unterschied zwischen der Dampfradio-Ära und der HiFi-Ära macht die Phonotechnik, die so um 1963 in studioähnlicher Klangqualität für zuhause erschlossen wurde.
Die entscheidenden Entwicklungen kamen nicht von Braun oder Klein und Hummel - es waren zwei Plattenspieler von Perpetuum Ebner und Dual, der PE33 Studio und der Dual 1009. Während der PE33 Studio noch seine EMT-Verwandtschaft offen zeigte, war der Dual 1009 der erste echte HiFi Plattenspieler, der speziell für den Einsatz zuhause entwickelt war, und der durch Großserienfertigung sofort in volkstümliche Preisregionen rutschte. Den 1009 findet man in zahlreichen Saba Musiktruhen der sechziger, die trotz Endstufe mit Kombinationsröhren und eher konservativer Schaltungstechnik viele HiFi Anlagen von heute an die Wand spielen.
Grundig hatte um 1960 herum das Konzept aus England und Amerika aufgegriffen, wo es Einbaukomponenten gab, die nach Kundenwunsch in "Cabinets" eingebaut wurden. Die Komponenten hiessen z.B. HF1 oder NF1, und bringen heute noch bei Ebay richtig gute Preise. Grundig hatte auch komplette Truhen mit diesen Komponenten im Angebot, auch hier fand sich der Dual 1009 wieder. 1963 kam von Grundig ein absoluter Klopper auf den Markt, der heute weitestgehend unbekannt ist, das HiFi Studio 50:
http://www.hifimuseum.de/grundig-studio-50.htmlHinter diesem Gerät konnte sich 1963 so ziemlich alles verstecken, was im Bereich Audio in Europa auf dem Markt war, man kann wirklich nicht sagen, dass die Entwicklung zugunsten des Fernsehens vernachlässigt wurde. Braun kann sich vielleicht rühmen, die Konzepte der HiFi Anlagen und das Design vorweggenommen zu haben, von den technischen Eigenschaften ist Braun aber bis heute total überbewertet. Saba mit den von K+H entwickelten Saba Telewatt Komponenten, Grundig mit den HiFi Komponenten, und Dual / PE mit den neuen Plattenspielern waren die Firmen, die die Audiotechnik in den sechzigern in Deutschland vorwärts trugen.
Der Knick bei der Audio Entwicklung kam erst in den siebzigern. Farbfernsehen und Video forderten die Unternehmen so stark, dass die HiFi Technik auf der Strecke blieb. Grundig hat Ende der sechziger noch mal einen Markierungspunkt gesetzt mit der Anlage rund um den Verstärker SV140. Danach kam bis etwa 1980 nicht erwähnenswertes mehr. Dual war eigentlich der einzige deutsche Anbieter, der auch in den siebzigern der Audiotechnik treu geblieben ist. Ab etwa 1975 nutzten dann die Japaner genau diese Schwäche, um die deutschen Anbieter beim Kragen zu packen.
Bei den Musiktruhen muss man genau hinsehen, aus welchem Baujahr sie stammen. Bis etwa 1963 ist hochwertige Phonotechnik ganz wenigen Luxusgeräten vorbehalten, nur ein Jahr später ist sie schon fast als normal zu bezeichnen. Das ist ein wenig wie bei der Einführung von UKW Anfang der Fünfziger, das der Entwicklung von Verstärkern und Lautsprechern für die Mittelklasse frischen Wind gab, und dafür sorgte, dass die meisten 3D-Mittelklassesuper von 1955 besser klangen als die Königsklasse fünf Jahre davor.
Der Dual 1006 M oder 1006 AM ist genau deshalb so interessant, weil er den Übergang markiert - vom Laufwerk ist er noch eine Konstruktion der Fünfziger, von der Abtasttechnik nimmt er aber die HiFi-Ära schon vorweg, und im 1006 M ist das einzige Stereo-Magnetsystem eingebaut, das Dual jemals selber gebaut hat, das DMS 900. Der Nachfolger, der erste HiFi Dreher 1009, wurde schon vorzugsweise mit dem B&O Abtaster SP1 ausgeliefert, kurz später wurde dann Shure zum Standardlieferanten von Dual für runde zehn Jahre, danach kam Audio Technica und noch später Ortofon dazu.
Gruß Frank