Zitat:
Was mich auch wundert ist Deine Aussage zu der Gegenkopplung bei Retro-Verstärkern. Warum baue ich mir einen Röhrenverstärker? Soll der Retro sein oder gut klingen. Wenn er nur Retro sein soll dann verzichte ich drauf und nehme lieber eine Transe, die klingt dann wenigstens halbwegs gut.
Warum haben unsere elektrotechnischen Väter schon sehr früh eine Gegenkopplung in die Radios eingebaut?
Naja, unsere elektrotechnischen Väter koppelten erst in der Miniaturröhren-Ära reichlich gegen, als entsprechende Verstärkungsreserve zur Verfügung stand.
Noch im Volksempfänger wurde der gegenteilige Weg eingeschlagen, es wurde sogar ein Zwischenübertrager (mit all den Nachteilen des Eisens) verwendet, um das letzte Quentchen Leistungsverstärkung aus der Audionröhre herauszukitzeln, um diese Leistung in eine möglichst hohe Steuerspannung für die Endröhre zu wandeln. Auch in frühen Nachkriegsgeräten wurde nicht wirklich gegengekoppelt, wenngleich auch der Zwischenübertrager entfiel.
Gegenkopplungen im Röhrenverstärker bedeuten, modernen HiFi HighEnd-Verstärken nachzueifern, mit 0,00x % Klirrfaktor und 5-30.000 Hz Frequenzgang. Das ist ein Spiel, das der Röhrenverstärker nur verlieren kann. Andererseits wird für den Röhrenverstärker argumentiert, indem auf den besonderen Klang der Röhre hingewiesen wird. Und an der Stelle wird es schizophren. Was will man denn nun? Den Klang der Röhre oder den Klang der Röhre bekämpfen?
Ich habe mich seit meiner Jugend mit Röhrenverstärkern beschäftigt und mit mittlerweile auf dem Stand, daß man sich mit Röhrentechnik ganz bewußt zur Unvollkommenheit bekennen sollte. Mehr noch, es gilt, die Schönheit des Unvollkommenen, des Einfachen, des Archaischen zu erkennen und dennoch ein befriedigendes Hörerlebnis zu haben.
Zitat:
Soll der Retro sein oder gut klingen. Wenn er nur Retro sein soll dann verzichte ich drauf und nehme lieber eine Transe, die klingt dann wenigstens halbwegs gut.
Um nochmal auf den Teilaspekt zurückzukommen. Er soll Retro aussehen, Retro funktionieren und darf etwas Retro klingen. Ein technisches Museum also. Eine Replika eines technischen Denkmals. DAS ist für mich der maximale Nutzwert eines Röhrengerätes.
Vergleichen wir es mit einer Schmalspur-Dampflok. Es gab tatsächlich seltene Fälle von Neubau-Maschinen dieser alten Technik. Und das Schöne ist, sie durften weiterhin schmutzig sein, ineffizient, und ruppig im Anfahren und Bremsen.
Aber es ist einfach herrlich, die Glut in der Feuerbuchse zu sehen, die Hitze des Kessels zu spüren, der rußige Kohlengeruch, die riesigen Dampfwolken die das Blasrohr durch den Schornstein jagt, und das Schleudern der Treibachsen beim schweren Anfahren auf nassem Gleis.