Hallo!
Ich möchte Euch mal mein neustes Projekt vorstellen. Irgendwie habe ich auch gefallen an den alten Steuergeräten bekommen, auch in Form von Transen. Auch war ich auf der Suche nach einem „kalten“ Zweitgerät für ins Büro. Seit 1,5 Jahren verrichtet da ein Nordmende seinen Dienst.
http://dampfradioforum.de/viewtopic.php?f=32&t=16915 Widererwarten war der Röhrenverschleiß recht gering. Ich habe bis jetzt eine schon vorher ziemlich schlappe ECC85 und eine ebenfalls vorher sehr schlappe PCL86 gewechselt. Trotzdem sollte was anderes her. Ich wollte bewusst ein ganz altes Steuergerät, erstens sehen die schöner aus und zweitens haben die nicht so viel Firlefranz wie Stationstasten usw. der nur fehleranfällig ist. Dann sollte das Gerät bis 108 MHz gehen, da ich gerne mal DLF höre und der bei uns auf 106,1 MHz reinkommt. Die Mittelwelle auf 1422 kHz ist eh bald tot und außerdem ist mein Büro in der Nähe des Serverraums. Aus dem kommt recht oft ein elektromagnetischer Nebel, der das komplette MW-Band lahmlegt.
Nach einigem Suchen fand ich den Siemens Klangmeister RG23 in der Bucht. Das Gerät funktionierte, die originalen Lautsprecher waren auch dabei. Für knapp 30 Euro konnte ich es ersteigern.
Nachdem es bei mir ankam, erfolgte die Bestandsaufnahme. Alles recht verstaubt, was aber kein Problem darstellte. Ein erster Funktionstest zeigte Folgendes:
Ein nicht unerhebliches Brummen war zu hören
Etwas schwächelnder UKW-Empfang
Der Stereodekoder schaltete unsauber und rauschte
Mittelwelle funktionierte gar nicht
Der Klang war schwachbrüstig und muffig.
Naja dachte ich, vieles war sicherlich auf trockene Elkos zurückzuführen, die nicht funktionierende Mittelwelle konnte auch nicht großartiges sein. Aber der Stereodekoder bereitete mir etwas Kopfschmerzen, da ich mich noch nie mit sowas beschäftigt hatte.
Nachdem ich das Radio zerlegt hatte sah ich jede Menge Elkos, die bekannten Frako und Siemens Elkos die eigentlich immer trocken sind. Dann noch einige Roederstein Elkos mit grauem Gehäuse. Die kannte ich vorallem aus 70er Jahre Geräten, mit orangenem Gehäuse. Normalerweise sind die komplett in Kunststoff vergossen und o.k. Die restlichen Kondensatoren erschienen unauffällig, fast alles WIMA MKS. Also warf ich mal zunächst alle der Siemens und Frako Elkos raus. Beim nächsten Test war das Brummen verschwunden und auch der Bass war wesentlich besser. Klar die Elkos waren im Netzteil und als Ausgangselkos der Endstufe eingesetzt. Denn Fehler im Mittelwellenteil konnte ich auch schnell finden. Der Ferritstab hatte sich gelöst und ein Draht war abgerissen. Nachdem der geflickt war, funktionierte auch die Mittelwelle wieder.
Aber der Rest? Ich lötete 2-3 der Roederstein Elkos aus und da zeigte sich ein unerwartetes Bild. Der Vergussmasse war total angeraut und brüchig. Auch hier zeigte sich eine massive Kapazitätserhöhung. Also flogen die ganzen Roederstein Elkos raus. Dadurch wurde der Empfang etwas besser. Da einige Elkos auch im NF-Teil verbaut waren war der Klang jetzt auch o.k. Endlich auch wieder schöne Höhen und ein runder Bass. Aber mit dem Empfang war ich immer noch nicht zufrieden. Wo ist eigentlich der Ratioelko? Der war in einem kleinen Blechgehäuse, halb so groß wie eine Streichholzschachtel. Und was lachte mich da an? Ein Tantalelko. Ich musste irgendwie gleich an Matt und seine „Tantalallergie“ denken. Also raus damit. Glücklicherweise sind ja die heutigen Elkos in Größe von Tantalos erhältlich, trotzdem glich der Austausch einem neurochirurgischen Eingriff. Und da, der Empfang war besser, ein Wechsel von zwei weiteren Tantalos in der ZF-Stufe trug sicherlich auch dazu bei. Nur der Stereodekoder war noch nicht o.k., er schaltete sehr träge und rauschte. Auch hier fand ich 5 Tantalos. Ich war die ganze Zeit davon ausgegangen, dass diese nur als Koppelelkos eingesetzt waren, aber leider traf dies nur für zwei Stück zu. Ein Wechsel aller fünf Tantalos brachte auch für den Stereodekoder den Durchbruch. Alles funktionierte so wie es sollte.
Nun wurde alles schön gereinigt, das Holzgehäuse zuerst mit Fensterklar und dann mit Politur behandelt. Der Zusammenbau war auch recht schnell erledigt. Der abschließende Test verlief ohne Beanstandungen. Ich bin echt begeistert wie toll das Radio klingt. Trotz relativ kleiner Boxen („Kinderschuhkartongröße“) und einer Endstufe mit AC187/188, die vielleicht 2 x 2,5 Watt bringt, ist ein wirklich tiefer und runder Bass da. Auch die Mitten und Höhen klingen prima. Man merkt, dass die Techniker am Anfang der Transistorzeit wohl noch den Dampfradioklang im Ohr hatten. Die erzielbare Laustärke ist völlig ausreichend und könnte auch in einem Wohnzimmer noch ein gutes Bild abliefern. Natürlich erreicht man keine Discolautstärke, aber das erwarte ich ja auch nicht. Der reine NF-Betrieb mit MP-Player funktioniert natürlich auch mit gutem Klang.
Auf jeden Fall hat es Spaß gemacht auch mal eine alte Transe zu restaurieren. Der Klang der alten Steuergeräte scheint mir oft noch sehr in Richtung Dampfradio zu gehen, was mir persönlich sehr gut gefällt. Optisch sind die Geräte in meinen Augen auch noch ansprechend, was für mich persönlich aber Mitte der 70iger Jahre mit dem Einzug der Plastikgeräte recht schnell aufhört.
Als „elektrisches Resümee“ kann ich nur sagen, dass offensichtlich alle Elkos auch in den Geräten der späten 60iger und Anfang 70iger trocken und schlapp sind. Sie funktionieren zwar noch irgendwie, aber der Klang und der Empfang leiden sehr darunter. Tantalos kommen ab sofort komplett auf die „Badlist“.
Viele Grüße
Frank
_________________
Viele Grüße aus der Pfalz!
Nicht nur alte Radios klingen schön, sondern auch alte Flugzeuge
klick