ich stelle hier eines meiner monströsesten Radios vor. Die Arbeiten an diesem Frequencia stellen quasi mein Jahresabschlussprojekt dar. Das Radio hat eine Breite (ohne die Knöpfe) von 65cm und eine Höhe von 42cm.
Frequencia Arena 539Erst mal zur Firma. Das Logo und die Rückwand weisen auf eine Firma hin die in französischen Webseiten gänzlich unbekannt ist. Das ist jetzt nicht unbedingt was ungewöhnliches. Immer wieder arbeite ich an Geräten aus Frankreich die niemand kennt. Selbst in Radiomuseum.org musste ich die Firma erst mal anlegen lassen. Definitiv kann man bei diesem Radio jedenfalls von einem hohen Seltenheitsgrad ausgehen.
Ich kann aber davon ausgehen, das meine Vermutungen nie bestätigt oder dementiert werden. Viele Hersteller waren einfach so klein das sich (fast) alle Spuren verwischt haben. Die oft unausgereifte, manchmal nur saisonweise Produktion in kleinen Kellern oder Garagen nennt man "fabrication artisanale". Man fuhr nach Strassburg, kaufte dort Skalen, Baugruppen oder sogar ganze Gehäuse, kantete rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft mehr oder weniger geschickt ein Blechchassis und baute alles mit Standardschaltungen bzw. den Angaben der Teileproduzenten zusammen. Oft bekamen Radios nicht mal einen Namen. Und auf der Skala ist nur der Hersteller der Skaleneinheit abzulesen.
Aber zurück zu diesem Frequencia. Hier leistete man sich immerhin ein eigenes Logo, fertigte auch die Skalenscheibe selbst an. Kaufte aber Lautsprecher, Knöpfe, Trafos etc. und selbst die Abstimmeinheit im Zubehörhandel.
Es sollte was besonderes werden und man sparte an nichts. Zum Beispiel echte Kugellager an der Abstimmstange.
Eine Hebelmechanik verhindert ein Überdrehen der Abstimmachse nach beiden Richtungen. Das blaue Seil rechts treibt das Abstimmrad, das (erneuerte) linke Seil den Skalenzeiger. Der eingeprägte Schriftzug "Arena" deutet wieder auf eigene Anfertigung. Hier war also ein geschickter Schlosser am Werk.
Auch technisch zog man alle Register, entsprechend dem Wissensstand in Frankreich Ende der 40er Jahre.
Es kamen neun Röhren zum Einsatz:
1883, 6BA6, ECH3, EBF2, EF9, EF9, 2 x EL3N, EM4
Die 6BA6 bildet eine sehr wirkungsvolle HF-Vorstufe, die dem Radio einen ungemein guten Empfang verleiht.
Um die NF wirkungsvoll in den Raum zu bringen benutzte man eine Gegentakt-Endstufe mit 2 x EL3N, Standardschaltung, Phasenumkehr mit einer EF9.
Es gibt aber auch den ein oder anderen Konstruktionsfehler. Man positionierte die Bauteile, die die meiste Wärme produzieren, dicht gedrängt an eine Stelle:
Auf einem Bild ebenfalls zu sehen eine runde 6-pol Buchse über die der Lautsprecher eingesteckt wurde. Mangels Stecker hier noch provisorisch verdrahtet.
Die Restauration:
Im vorgefundenen Zustand war das Radio schon mal teilgeschlachtet worden und mit irgendwelchen Bauteilen wieder vervollständigt. So passte der (unverdrahtete) Lautsprecher mit seinem Eintakt-Übertrager nicht zur Schaltung und statt der Gleichrichterröhre 1883 steckte da eine AL4. Aber macht ja nichts, sowas kann man ja immer mal brauchen
Einen 20er elekrodynamischen Lautsprecher, leider auch nur mit Eintaktübertrager, fand ich in meinem Ersatzteillager. Die Bohrungen passten genau, trotzdem musste ich aber am unteren Rand ein Stück abflexen, sonst lies sich das Chassis nicht einsetzen. Einen ungefähr passenden AÜ fand ich in einem Saba Schlachtchassis, ausgelegt für 2 x EL95. Der optimale Gegentakt-Raa für die EL3N liegt bei 10KOhm, für die EL95 liegt er bei 11KOhm. Das kommt ungefähr hin. Wenn man dann noch berücksichtigt das die Schwingspulen in Frankreich nur 3,5 Ohm haben (manchmal sogar nur 2,5 Ohm), der Saba Trafo aber für 4 Ohm ausgelegt ist, hat man schon wieder eine Annäherung an ein optimales Übersetzungsverhältnis. Den Eintaktübertrager lies ich auf dem Lautsprecher und setzte den Saba Übertrager auf die Schallwand. Vielleicht findet sich ja mal eine andere Lautsprechereinheit.
Um die Verdrahtung zu rekonstruieren war es erforderlich die Schaltung von Netzteil und NF aufzunehmen. Also noch etwas Fleissarbeit. Das HF Teil machte keine Probleme. Auf dem Bild eine erste Inbetriebnahme mit einem Signalverfolger, später baute ich übergangsweise auf Eintakt um da ich zu diesem Zeitpunkt noch keinen AÜ gefunden hatte.
An der Endstufe waren noch ein paar Umdimensionierungen notwendig um optimale Spannungsverhältnisse zu bekommen. Auch stellte sich die Frage ob ich den Netztrafo auf 220 oder 240V stellen sollte. Bei 240V hatte ich eine Unterheizung (6,18V), bei 220V aber eine Überheizung (6,8V). Da die Überheizung aber noch unter den zulässigen 10% liegt entschloss ich mich für die 220V Variante. Um die optimale Anodenspannung einzustellen musste ich mehrere Schaltvariationen von Netzdrossel (auf dem Chassis) und Feldspule durchspielen. In der Reihenschaltung der beiden komme ich auf 272 Volt Anodenspannung, 260 Volt Schirmgitterspannung und auf einen gemeinsamen Katodenstrom von 47 mA. Was will man mehr? Der fehlende Katoden-Elko war definitv ein Konstruktionsmangel, ich habe ihn natürlich ergänzt. Die flüssigkeitsgefüllten Lade-/Siebelkos blieben nur noch als Attrappe auf dem Chassis, beim Zusammenbau musste ich den einen aber entfernen da er am Lautsprecherkorb ansties.
Das Gehäuse:
Auch hier gibt es aufwändige Konstruktionen.
Anstatt einer Lautsprecherbespannung wurden helle Massivholzleisten verwendet.
Viele Gehäuseteile sind verschraubt. Sogar die Decke lässt sich mit einem Schraubenzieher entfernen.
Der Lack musste runter, das Gehäuse wurde neu gebeizt (Clou, Nussbaum dunkel). Lackaufbau mit Klarlack, Ballenmattierung und Politur. Das Lautsprechergitter wurde nur mit 000-Wolle poliert und geklarlackt. Das steht hier so in einem Satz, es hat aber ca. 4 Wochen gedauert..
Ich machte Versuche mit Leuchtdioden. In der Mitte eine original Sofitte, rechts und links eine Ersatzschaltung mit weissen Leuchdioden. Nur mal als Studie gedacht. Heute weis ich das man jeweils 2 Leuchtdioden antiparallel schalten muss, weil die Sperrspannung ansonsten überschritten werden kann und um das 50Hz Flackern zu vermindern.
ich werde es natürlich wieder rückbauen, aber erst wenn ich das Chassis sowieso wieder rausnehmen muss (so einfach ist das nämlich nicht).