Dampfradioforum

Hallo zusammen,

ich habe bei uns in der näheren Umgebung ein Graetz Sinfonia 194W gefunden und gekauft.
Der Zustand schien mir für den Preis ganz gut.

Aussen:
Das Funier ist in einem sehr gutem Zustand. Der Lack hat kleine Risse und blättert nicht ab. Die Messingteile sind etwas dunkler angelaufen. Die Bespannung ist im absoluten Traumzustand. Am Skalenglas sind ein paar Lufblasen zu sehen. In Würde gealtert.

Innen:
Jede Menge Staub, Becherelko wurde bereits getauscht (Philips 40µF+40µF), Am Bass- und Mitteltonlautsprecher wurde ein Schalter verbaut. Alle Mechanikkomponenten funktionieren.

Laut Aussage des Verkäufers brummt das Radio nur laut.


Zuhause habe ich das Radio erstmal vom inneren Staub, toten Spinnen und deren Nest befreit. Den Schaltplan heruntergeladen und Ersatz Elkos bzw.Kondensatoren bestellt.


Nach der Ankuft der Ersatzteile, habe ich mich direkt an das Wechseln der "üblichen" Kondensatoren begeben. Zuerst habe ich alle notwendigen Elkos für den UKW Betrieb getauscht und die zwei Entstörkondensatoren an der Trafo Primärseite rausgeschmissen.

Ein erster Testlauf war direkt erfolgreich. Der Ton hört sich schon sehr satt an.


Später habe ich dann mit dem Austauschen der ERO Papierkondensatoren begonnen. Dabei bin ich vermutlich an die Spule L54 drangekommen, welche sich dann mal ein paar Meter selbst abgewickelt hat. Eigentlich sind alle anderen Spulen mit Kleber fixiert. Keine Ahnung wie das passiert ist. Nach 15 Minuten fummeligem Aufwickeln habe ich die Wicklungen mit Sekundenkleber fixiert.


Jetzt habe ich mehrere Fragen an die Community:

1. Wie schlimm ist das ganze jetzt für den Betrieb? Kommt es dabei nur auf den Widerstand der Spule an?

2. Liege ich mit der Annahme richtig, dass die Spule nur für den AM Bereich benötigt wird? In dem Schaltplan steht L54 bei Langwelle aufgelistet. So genau blicke ich da noch nicht durch.

3. Kann man die Spule tauschen?


Ich würde das Radio nur für UKW und TA nutzen wollen.


Vielen Dank im Vorraus

Hier noch der Schaltplan:

.....wie du es schon richtig erkannt hast, ist die nur bei LW in betrieb und wenn überwiegend UKW gehört wird, dann macht die Spule keine Probleme.
Da diese Spule nur im Eingangskreis liegt, sollten die anderen AM-Bereiche weiterhin empfangbar sein.
Auch wenn diese Spule nicht mehr den korrekten Induktivitätswert hat, muss sie nur Durchgang haben, dann sollte auch der LW-Bereich wieder empfangbar sein

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M. f. G.
fritz


- Es ist keine Schande, nichts zu wissen, wohl aber, nichts lernen zu wollen

Auf LW sind, je nach den Empfangsverhältnissen am Aufstellungsort des Radios, nur noch maximal 5 Sender zu empfangen, darunter kein deutscher Sender. Das liegt daran, dass in vielen Ländern die Langwellensender in den letzten Jahren abgeschaltet wurden. Wenn der Störpegel, der von allen möglichen modernen Geräten erzeugt wird, am Aufstellungsort hoch ist, ist womöglich auf LW gar kein Sender zu empfangen. Der Langwellenempfang hat bei uns also stark an Bedeutung verloren.

Wenn Du trotzdem Wert auf den Langwellenempfang legst: Bei den Spulen im Empfangsteil kommt es weniger auf den ohmschen Widerstand der Spulen an, sondern vor allem auf die Induktivität. Diese wird durch die Geometrie und die Windungszahl der Spule bestimmt. Das wirst Du beim Aufwickeln kaum wieder so hinbekommen haben, wie es vorher war, deshalb wird die Induktivität jetzt deutlich vom Sollwert abweichen. Aber die Spule enthält einen Ferritkern, den man verstellen und die Induktivität so in gewissen Grenzen verändern kann. Dieser Abgleich ist bei dieser Spule recht einfach: Wenn Du auf Langwelle einen der Sender empfangen kannst, brauchst Du nur den Spulenkern auf maximalen Empfang abgleichen.

Lutz

Danke Euch beiden für die Aufklärung. Dann kann ich mit der Spule erstmal leben und mit der weiteren Aufarbeitung fortfahren.

Kann man so welche Spulen irgendwo kaufen oder könnte man ein total nicht restaurationswürdiges Chassis vom Baugleichen Radio Typen plündern?

Vor 60 oder mehr Jahren hätte man so eine Spule als Original-Ersatzteil kaufen können. Aber diese Ersatzteilbestände sind längst vergriffen oder entsorgt worden, zumal die Firma Graetz als Hersteller schon seit Jahrzehnten nicht mehr existiert. Die Geräte, die man heute unter der Marke Graetz kaufen kann, sind irgendwo auf der Welt von einer Firma produziert worden, die die Rechte auf den Markennamen gekauft hat. Das ist auch bei den meisten anderen deutschen Markenherstellern so.

Aus einem baugleichen Schrottchassis wäre eine Möglichkeit. Aber um einen Abgleich kommst Du nicht herum, denn sowohl die Spule selbst, als auch die Bauteile, die mit ihr im Zusammenhang stehen, haben Toleranzen. Die Spule bildet mit den Kondensatoren 49, 51 und 52 einen Schwingkreis, dessen Resonanzfrequenz der jeweils eingestellten Empfangsfrequenz entsprechen muss. Jede Abweichung verschlechtert den Empfang.

Ich würde mir diese Mühe nicht machen, denn wie ich schon geschrieben habe, gibt es nur noch wenige Sender auf Langwelle, und es ist damit zu rechnen, dass auch diese im Laufe der nächsten Jahre verschwinden. Außerdem macht der Langwellenempfang wegen des hohen Störpegels moderner Geräte an vielen Orten keinen Spaß mehr.

Lutz