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BeitragVerfasst: Do Sep 14, 2023 20:26 
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Farbbildröhren haben bekanntlich drei Elektronenkanonen für die Farben Rot, Grün und Blau. So können die drei Farben unabängig voneinander gesteuert werden. Die Lochmaske vor dem Bildschirm sorgt dafür, dass die Strahlen jeder Kanone nur die Leuchtpunkte der zugeordneten Farbe auf dem Bildschirm treffen, so dass an jeder Stelle des Bildschirms jede beliebige Farbe erzeugt werden kann - jedenfalls beinahe, die verschiedenen Farbpunkte liegen nebeneinander, aber so dicht, dass das bei normalem Betrachtungsabstand nicht auffällt.

Wer hätte gedacht, dass es auch Farbbildröhren mit nur einer Elektronenkanone gab?

Ab 1940 experimentierte die US-Fernsehanstalt CBS mit einem Farbfernsehsystem, bei dem sich vor einer normalen Schwarzweiß-Bildröhre eine Farbfilterscheibe mit den Farben Rot, Grün und Blau drehte, synchron mit einer ebensolchen Farbscheibe vor der Kamera. Die Bilder in den drei Grundfarben wurden also nacheinander übertragen. Das System war deshalb nicht mit dem Schwarzweiß-Fernsehen kompatibel und setzte sich nicht durch. Mit 1200 Umdrehungen pro Minute wird dieses System auch nicht geräuschlos gearbeitet haben...

Die "Chromatron"-Bildröhre wurde 1951 Ernest Lawrence, Nobelpreisträger und Professor an der University of California in Berkeley,, patentiert. Statt einer Lochmaske gab es eine Vielzahl paralleler Drähte, ähnlich wie in der Trinitron-Bildröhre. Diese wurden aber abwechselnd elektrisch geladen, so dass die hindurchtretenden Strahlen der Elektronenkanone abgelenkt wurden und abwechselnd die verschiedenfarbigen Leuchtstreifen auf dem Bildschirm trafen.

Als Vorteile werden genannt:
- Besserer Wirkungsgrad, da weniger von der Strahlung durch die Lochmaske abgeschattet wird
- Möglichkeit, einen größeren Ablenkwinkel und damit eine geringere Bautiefe zu realisieren
- Keine Konvergenzkorrekturschaltungen nötig

Leider konnten einige technische Probleme nicht gelöst werden. Vor allem:
- Die korrekte Landung der Elektronenstrahlen auf den Leuchtstreifen auf dem Bildschirm war nur schwer zu erreichen, so dass über 99% der produzierten Bildröhren wegen Farbreinheitsfehlern unbrauchbar waren
- Die Umladung der Drähte erzeugte starke EMV-Störungen, die sich nicht wirksam abschirmen ließen
Deshalb kam es nie zu einer Serienproduktion in größerem Umfang.

Die Firma Sony, die sich zunächst auf dieses System festgelegt hatte, wäre Mitte der 1960er Jahre daran beinahe banktrott gegangen, entwickelte dann aber unter Verwendung des Drahtgitters der Chromatron-Bildröhrie die Trinitrom-Bildröhre, die zu einem großen Erfolg wurde.

Weiteres siehe hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Chromatron
https://de.wikibrief.org/wiki/Chromatron

Eine andere Bildröhre "Penetron", die mit nur einer Elektronenkanone farbige Bilder darstellen kann, wurde von General Electric entwickelt. Bei dieser Röhre liegen die Leuchtschichten für die Grundfarben übereinander, die Auswahl der Farbe wird durch entsprechende Fokussierung des Elektronenstrahls erreicht. Das funktioniert aber nur begrenzt, eine naturgetreue Darstellung des Farbspektrums ist so kaum möglich. Außerdem war diese Technik nicht mit dem NTSC-Übertragungssystem für Farbfernsehen kompatibel, weil es in den 1960er Jahren noch keine Möglichkeiten gab, den zeitlichen Aufbau eines Fernsehsignals komplett umzukrempeln. Für Fernsehen kam dieses System nie zum Einsatz, aber zum Beispiel in Oszilloskopen, in Grafikterminals und für Radar- oder IFF-Bildschirme in Flugzeugen.

Weiteres siehe hier:
https://de.wikibrief.org/wiki/Penetron

Lutz


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BeitragVerfasst: Fr Sep 15, 2023 19:06 
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Hi Lutz

danke für den interessanten Beitrag. Das kannte ich so noch nicht.

Gruß
Oliver

_________________
Nette Grüsse aus dem Ruhrgebiet.

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BeitragVerfasst: Sa Sep 16, 2023 5:06 
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Kenntnisstand: **Zutreffendes Feld fehlt**
Zu der ganzen Farbfernsehentwicklung sind auch die Funkschau Hefte aus den 40er bis 60er Jahre interessant. Da werden schon recht früh verschiedene Systeme beschrieben.


Gruß

Achim


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BeitragVerfasst: Mo Sep 18, 2023 12:03 
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...das mit der mechanischen Farbscheibe habe ich schonmal gesehen. Einen wirklichen praktikablen Einsatz könnte ich mir da allerdings nicht so recht vorstellen. Da gibt es zu viele Faktoren, die die Snchronität zwischen Sender und Empfänger beeinträchtigen können. Zum Einen Toleranzen der Motoren an sich, instabile Netzfrequenzen usw.


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BeitragVerfasst: Mo Sep 18, 2023 18:01 
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Für den Synchronlauf der Farbscheiben die Netzfrequenz heranzuziehen, würde nicht funktionieren, wenn Kamera und Empfänger nicht in einem gemeinsamen Verbundnetz betrieben werden. Auch zum Beispiel durch die Laufzeit bei langen Übertragungswegen kann es zu Zeitfehlern kommen. Besser wäre, die Farbscheibe am Empfänger durch ein Synchronsignal zu steuern, das zusammen mit dem Bildsignal übertragen wird. Das wird ja für die Bild- und Zeilensynchronisation auch gemacht und funktioniert bekanntlich. Deshalb wird es nicht der Grund dafür gewesen sein, dass sich dieses System nicht durchgesetzt hat. Eher die Größe der Anordnung, der mechanische Aufwand, die Geräuschentwicklung der sich schnell drehenden Farbscheibe, die fehlende Kompatibilität zum Schwarzweiß-Fernsehen durch die notwendige höhere Bildwechselfrequenz und die größere benötigte Übertagungsbandbreite. Trotzdem wurde dieses System in den USA um 1950 als Standard festgelegt, weil RCA ihre Schattenmasken-Farbbildröhre, die sich später durchsetzen sollte, nicht rechtzeitig vorstellte.

Es gab übrigens noch eine Farbbildröhre mit nur einem Elektronenstrahlsystem: die Strahlindexröhre, an deren Entwicklung man bei Philco arbeitete. Anstelle einer Schattenmaske wurde die Intensität des Elektronenstrahls schnell variiert, um die verschiedenfarbigen Leuchtpunkte auf dem Bildschirm mit unterschiedlicher Intensität anzuregen. Dazu musste man die genaue Position des Elektronenstrahls auf dem Bildschirm feststellen, was zusätzliche Technik erforderte. Dadurch war das System zunächst zu teuer, wurde aber ab 1980 für einige spezielle Anwendungen produziert.

Weiteres siehe hier: https://de.wikibrief.org/wiki/Beam-index_tube

Lutz


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BeitragVerfasst: Di Sep 19, 2023 8:39 
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Stimmt, das mit den Synchronimpulsen hatte ich nicht auf dem Schirm, das macht natürlich Sinn. Und natürlich auch, dass so eine Anordnung im Wohnzimmer etwas unpraktisch ist.


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BeitragVerfasst: Do Nov 02, 2023 21:19 
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Es gab auch farbige Folien, die man vor dem Bildschirm eines Schwarzweiß-Fernsehers anbrachte. Diese waren im unteren Bereich grasgrün, in der Mitte hautfarben und oben himmelblau gefärbt, mit gleitenden Übergängen. Das hatte natürlich mit einer Farbfernsehübertragung oder mit einer naturgetreuen Farbwiedergabe überhaupt nichts zu tun, aber das Bild war farbig.

Als Kind habe ich irgendwo einmal so eine Folie in Aktion gesehen. Da Fernsehbilder damals immer schwarzweiß waren, war ein so farbig gemachtes Bild etwas Besonderes. Ich könnte mir aber vorstellen, dass es mit der Zeit genervt hat, denn die Farben passten kaum jemals zu den Fernsehbildern.

Lutz


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BeitragVerfasst: Fr Nov 17, 2023 17:14 
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Heute bin ich auf einen Bericht vom 5. Internationalen Fernseh-Symposium in Montreux (1967) gestoßen. Dort geht es um eine Farbbildröhre namens „Jatron“, die mit nur zwei Elektronenkanonen auskommt. Die diesen zugeführten Signale werden zeilensequentiell umgeschaltet, und ähnlich wie bei der Chromatron-Röhre werden die Drähte eines anstelle der Lochmaske vorhandenen Drahtgitters dazu passend elektrisch geladen, damit die Elektronen jeweils die Leuchtpunkte der richtigen Farbe auf dem Bildschirm treffen.

Siehe hier: https://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=c ... %3A%3A1049 (auf S. 4 unter „Wissenschaftliche Vorträge“). Auch in der Funkschau, Heft 12/1967, wird sie kurz erwähnt.

Diese Farbbildröhre sei preiswerter herzustellen als eine herkömmliche Lochmasken-Farbbildröhre. Aber irgendeinen Haken wird die Sache schon gehabt haben, denn spätere Veröffentlichungen über diese Röhre sind nicht zu finden, in Serie gegangen ist sie vermutlich nicht.

Lutz


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