Wie lange gefährliche Spannung?

Fragen, Berichte und Tipps zu Reparatur und Technik.

Für Einsteiger: Erste Inbetriebnahme eines Röhrenradios
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TomTom11
Philetta
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Wie lange gefährliche Spannung?

Beitrag von TomTom11 »

Hallo,
Es ist ja bekannt, dass selbst ein vom Netz getrenntes Gerät nach wie vor lebensgefährliche Spannungen (bspw. in den Elkos) in sich hat. Wie lange dauert es, bis ich am Gerät wieder vollkommen unbesorgt arbeiten kann, nachdem der Stecker gezogen wurde? Ich möchte das Risiko eines Schlages vermeiden. Meine Frage bezieht sich vor allem auf Wechselstromgeräte. :danke:
röhrenfan2011
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Re: Wie lange gefährliche Spannung?

Beitrag von röhrenfan2011 »

Es kommt drauf an, wie groß die Kapazität der Elkos ist. Am schnellsten geht es, wenn Du die Elkos mit einem 1 Kiloohm großen Widerstand gegen Masse entlädtst. Ansonsten hab ich gute Erfahrungen mit einer Stunde Warten gemacht. Ich weiss nicht ob das bei allen Radios geht, aber das Entladen geht auch gut, wenn man das Radio, nachdem man den Netzstecker von der Stromquelle getrennt hat, einfach einschaltet. Passiert natürlich nichts. Aber dadurch sollte der Schaltkreis des Radios ebenfalls dafür sorgen, die Elkos zu entladen.
Gruß
Niklas
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olli0371
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Re: Wie lange gefährliche Spannung?

Beitrag von olli0371 »

Hallo,

erstmal willkommen hier im Forum.
:hello:
Deine Frage kann man pauschal nicht beantworten. Zieht man z.B den Stecker eines in Berrieb befindlichEn Roegrenradios werden die Lade- bzw. Siebelkos innerhalb weniger Sekunden entladen sein.
Sind die Roehren noch nicht betriebswarm umd man zieht den Stecker vorher wieder, dauert es etwas laenger, bis die Elkos entladen sind.
Geraete mit elektrodynamischen Lautsprechern haben hoehere Spannungen bis alle Roehren geheizt sind...
Also besser kurz nachmessem, bevor man anfasst. Eine Regel der Elektriker - Spannungsfreigeit feststellen :!:

Gruss
Oliver
Nette Grüsse aus dem Ruhrgebiet.

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Re: Wie lange gefährliche Spannung?

Beitrag von rettigsmerb »

Eine Pauschalantwort ist nicht einfach. Warten, über einen Widerstand entladen wie Niklas schon meint, ist nicht verkehrt. Eine gewisse Sicherheit schafft die Spannungsmessung an den Elkos, bevor man mt den Arbeiten beginnt. Soweit ist das für Röhrenradios ok, denke ich.

Bei Fernsehgeräten ist die Sache eine Spur brisanter, ganz besonders im Bereich der Bildröhre. Innerer und äusserer Belag des Glaskolbens bilden den Siebkondensator von einigen Nanofarad für die Anodenspannung und die kann während des Betriebes von etwa 10 Kilovolt (ganz alte SW-Geräte) bis fast 30 Kilovolt betragen (Farbfernseher!). Im Fehlerfall können diese Werte noch deutlich überschritten werden:
> Boosterspannung falsch (zu hoch) eingestellt,
> Bildbreitenregelschaltung defekt
> Netzteilregelung ausgefallen/falsch (zu hoch) eingestellt
> Fehler im Horizontal-Ablenkkreis
> ...

Ganz "böses" Beispiel: Beim Philips Farb-TV-Chassis K9 gab es zwei berüchtigte grüne Kondensatoren in der Horizontal-Ablenkendsufe, die gern zu Kapazitätsverlust neigten. Die Hochspannung konnte dabei bis auf fast 40 Kilovolt hochlaufen, wenn Zeilentrafo und/oder HS-Kaskade nicht schon vorher den Geist aufgegeben hatte(n). Erkennbar war der Fehler an einem extrem hellen, scharfen, aber ringsherum zu kleinen Bild, Hochspannungsknistern, Überschläge und am Ende Durchschlag des Bildröhrenhalses unterhalb der Ablenkeinheit. Ende von Bildröhre :angry: Glas leitet eben auch, wenn die Spannung nur hoch genug ist.

Beim Abschalten eines Fernsehgerätes kann die Hochspannungs-Restenergie schon recht weit abgebaut werden, aber eben in der Regel nicht vollständig. Besonders jene Geräte mit einem Röhrengleichrichter für die Hochspannung halten einen beträchtlichen Hochspannungsrest von einigen -zig Kilovolt - und das u.U. über Monate!

An dieser Stelle deshalb eine eindringliche Warnung:
Diese "Baustelle" ist für den Laien tabu!! Ein kleiner Fehler bei dem Entladeversuch kann sehr ernste Folgen haben! Sowohl für den Operateur als auch für das Gerät. Hier ist die praktische Anleitung/Ausführung eines erfahrenen Fachmannes(-frau) gefragt.

Einen schönen Feiertag wünscht,
Herbert
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Otto
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Re: Wie lange gefährliche Spannung?

Beitrag von Otto »

Ich arbeite nach einer eisernen Regel: nicht hinfassen, wo Spannung anliegen kann. Beim Arbeiten am ausgebauten Chassis grundsätzlich das Gerät am Trenntrafo anschließen. Nicht mit nackten Armen arbeiten. Nicht durch Frau oder Hund ablenken lassen.
Nach dieser Regel ging es auch lange Zeit gut, bis gestern.
Einmal den Kopf gedreht, irgendwo an eine blanke Stelle gekommen, völlig überrascht vor Schreck die Hand weggerissen und dabei mit dem nackten Arm an einer scharfen Ecke hängengeblieben. Ergebnis: ein tiefer, etwa 3 cm langer Riß im Arm. Man sollte nicht gegen Regeln verstoßen, gegen eigene schon garnicht.
Der Trenntrafo hat das Schlimmste verhindert, jetzt dürfte die Batterie in meinem Herzschrittmacher wieder aufgeladen sein. :mrgreen:

Freundliche Grüße Otto
frank8
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Re: Wie lange gefährliche Spannung?

Beitrag von frank8 »

Otto hat geschrieben:Der Trenntrafo hat das Schlimmste verhindert, jetzt dürfte die Batterie in meinem Herzschrittmacher wieder aufgeladen sein. :mrgreen:
Freundliche Grüße Otto
Hallo Otto

Leuchtest Du jetzt im Dunkeln ??? :mrgreen: :mrgreen:

Gruß/Franz
Wird erstmal der Qualm aufsteigen, wird sich auch der Fehler zeigen
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Re: Wie lange gefährliche Spannung?

Beitrag von amiga3000 »

Wer hat noch keine Geschossen gekriegt? :mrgreen: Der Strom *Beißt* einen bei der erst besten Gelegenheit :mrgreen: .Der Siebelko in der Philetta BD283U hält den saft noch relativ lange,hatte mich da auch mal erschrocken,als es einmal (zum Gück) am Schraubendreher *geflammt* hat. :roll: . Zündspannungen am KFZ sind da auch sehr Fies :mrgreen:
Mfg.
Mario
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amiga3000
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Re: Wie lange gefährliche Spannung?

Beitrag von amiga3000 »

frank8 hat geschrieben:
Otto hat geschrieben:Der Trenntrafo hat das Schlimmste verhindert, jetzt dürfte die Batterie in meinem Herzschrittmacher wieder aufgeladen sein. :mrgreen:
Freundliche Grüße Otto
Hallo Otto

Leuchtest Du jetzt im Dunkeln ??? :mrgreen: :mrgreen:

Gruß/Franz
Ich denke nicht,das er jetzt Radioaktiv verstrahlt ist :mrgreen:
Mfg.
Mario
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Otto
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Re: Wie lange gefährliche Spannung?

Beitrag von Otto »

Das Schlimmste ist ja nicht, dass man eine geschossen kriegt. Aber es passiert dummerweise immer dann, wenn man absolut nicht damit rechnet. Manchmal muss man zwangsläufig in Ecken rumfummeln, wo von vornherein mit sowas zu rechnen ist, dann ist es halb so schlimm, zumindest zuckt man in dem Moment nicht dermaßen zusammen. Also gestern hat mich der Schreck fast vom Stuhl gehauen. Aber ish leuchte nicht im Dunkeln und die Haare stehen auch nicht mehr zu Berge. :D

Freundliche Grüße Otto
Gery
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Re: Wie lange gefährliche Spannung?

Beitrag von Gery »

Meine Lehrlinge wurden mit aufgeladenen Kondensatoren ins Lager geschickt diese weg zu räumen. :lol: Mönsch haben die schnell gelernt :lol:
Ganz wichtig ist auch die Uhr vom Handgelenk zu nehmen, gerade diese mit den Metallbändern können zu einem geringen Übergangswiderstand führen was den Potentialausgleich über die Pumpe (Herz) begünstigt.

Immer schön die 5 Sicherheitsregeln einhalten!


1. Freischalten.

2. Gegen Wiedereinschalten sichern.

3. Spannungsfreiheit feststellen.

4. Erden und Kurzschließen.

5. Benachbarte, unter Spannung stehende, Teile abdecken oder abschranken.

Diese fünf Sicherheitsregeln müssen vor den Arbeiten in der oben genannten Reihenfolge angewandt werden.
Nach den Arbeiten werden sie in der umgekehrten Reihenfolge wieder aufgehoben.

Elektrische Grüße
Gery
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Otto
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Re: Wie lange gefährliche Spannung?

Beitrag von Otto »

Hallo Gery,

würde Punkt 4 die anderen nicht automatisch einschließen :mrgreen: ?

Freundliche Grüße Otto
Gery
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Re: Wie lange gefährliche Spannung?

Beitrag von Gery »

Otto hat geschrieben:Hallo Gery,

würde Punkt 4 die anderen nicht automatisch einschließen :mrgreen: ?

Freundliche Grüße Otto
Hallo Otto,
na bei Radios herrschen ganz andere Gesetze, lange nie dort hin wo es beißen könnte :lol:
:hello:

Viele Grüße ins Nachbarland Frankreich
Gery
uli12us
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Re: Wie lange gefährliche Spannung?

Beitrag von uli12us »

Bei vielen Industrieelektronik Teilen steht was von ner halben Stunde drauf, da sind aber dann teilweise Kapazitäten von einigen 1000µF verbaut.
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röhrenradiofreak
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Re: Wie lange gefährliche Spannung?

Beitrag von röhrenradiofreak »

Wird ein Röhrenradio, dessen Röhren schon angeheizt sind, ausgeschaltet oder der Stecker gezogen, sinkt die Spannung auf dem Ladeelko recht schnell ab. Es kann sein, wie Oliver weiter oben geschrieben hat, dass bereits nach deutlich weniger als einer Minute nur noch eine geringe, ungefährliche Restspannung vorhanden ist. Darauf würde ich mich aber keinesfalls verlassen, denn es gibt Fehler, die diese Entladung verhindern. Je nach Zustand des Elkos und einiger anderer Teile kann dann stunden- oder tagelang gefährliche Spannung vorhanden sein, in manchen Fällen womöglich noch länger.

Wird ein Röhrenradio, dessen Röhren noch nicht angeheizt sind, ausgeschaltet oder vom Netz getrennt, bleibt die Spannung ebenfalls über längere Zeit vorhanden.

Die meisten modernen Geräte haben ein primärgetaktetes Schaltnetzteil mit einem Elko, der auf etwa 320 V aufgeladen wird. Wenn man ein solches Gerät vom Netz trennt, hängt es vom Aufbau des Netzteils ab, wie schnell die Spannung absinkt. Auch hier gibt es Fehler, die eine kontrollierte Entladung verhindern. Ich habe schon (defekte) Schaltnetzteile gesehen, da war der Elko am nächsten Tag noch fast voll aufgeladen.

Eine allgemeingültige Aussage, wie lange sich gefährliche Spannung in einem Gerät hält, gibt es also nicht. Im Zweifelsfall immer messen und/oder über einen Widerstand kontrolliert entladen!

Lutz
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Re: Wie lange gefährliche Spannung?

Beitrag von TomTom11 »

Danke für die Antworten. Das Fazit ist wohl, dass man NIE wirklich sicher sein kann, wenn man nicht vorab Spannungen prüft und kontrolliert entlädt. Mein Gedankengang war der, dass ich in eher unregelmäßigen Abständen Abends mal ein wenig an einem Gerät arbeiten könnte (zeitlich nicht immer so einfach), und ich mir dachte, wenn ich das Gerät abstecke, und zur zusätzlichen Entladung den Regler auf "An" stelle, dass man dann nach Ablauf einer Spanne von 1 Tag, evtl. das vorherige Prüfen auf Spannungen sich sparen kann, eben WEIL ich kein Problem habe, da den einen oder anderen Tag nach der letzten Inbetriebnahme zu warten...

Aber so wie ich das jetzt mitbekommen habe, ist das ein Trugschluss, und fehlerhafte Elkos können selbst dann noch gefährlich sein. Gut zu wissen!