Drinlassen, oder rausschmeißen?

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BugleBoy
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Re: Drinlassen, oder rausschmeißen?

Beitrag von BugleBoy »

Uff, beruhigt Paulchen bitte..


Genauso kannt man mit Trabant machen, Motor überdrehen lassen , ops, der ist kaputt, also müll-Motor.. :-D
Papier-Kondensator (laut meine vage Erinnerung an Vorkriegskondensator) magere Prüfspannung 500V Nenn, 750V prüf. (d.H. 50% mehr, ist aber KEINE pauschale Aussage)

wie immer: Datenblatt konsumieren... bei so alte Teil kriegt man Datenblatt schwer.. wenn nix, dann nur mit Nennspannung prüfen (ausser dass es auf kondensator aufgedruckt ist )

Grüss
Matt
すみません
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olli0371
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Re: Drinlassen, oder rausschmeißen?

Beitrag von olli0371 »

Hallo auch,

ich glaub auch, dass man selbst mit Datenblatt nicht viel machen kann. Ein Bateil, das mittlerweile 60 Jahre oder mehr auf dem Buckel hat wird die Werte des Datenblatt nicht mehr erfüllen.
Die einzige Frage, die man sich stellen kann ist die, ob man die aktuellen Werte des Bauteiles an dieser Stelle der Schaltung hinnehmen möchte - der Orginalität wegen oder ob man sich vom Orginalzustand verabschiedet und moderne Bauteile verbaut.

Gruß
Oliver
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Re: Drinlassen, oder rausschmeißen?

Beitrag von hoeberlin »

... Um die Diskussion zu versachlichen....

- Kapazitätsmessgeräte wie dieses gezeigte messen lediglich Ladekurven und Zeiten, und ermessen daraus die Kapazität. Das funktioniert nur dann genau, wenn der Kondensator auch ein * SPAM-Verdacht! Werbung nicht erlaubt* Kondensator ist. Bei den üblichen Kandidaten aus alten Röhrenradios ist, wenn Feuchtigkeit eingedrungen ist, die Isolation schlecht, es ist also quasi dem
Kondensator ein Widerstand parallel geschaltet. Und dieser Widerstand führt dazu, das ein einfaches Kapazitätsmessgerät erhebliche Fehlmessungen liefern kann.

- inwieweit Kondensatoren getauscht werden sollten oder müssen, hängt vom Einbauort, der Funktion, und dem Grad der Alterung bzw. Schädigung ab. Wegen des Leckstromes müssen Koppelkondensatoren fast immer getauscht werden. Kondensatoren in Klangregelnetzwerken müssen nur getauscht werden, wenn sie mehr als ca. 20% in der Kapazität, gemessen mit Messbrücke, abweichen. Kondensatoren, die direkt am Netzeingang, oder von dort in Richtung Chassis liegen, müssen durch VDE gerechte Neuteile ersetzt werden.

Ich halte nichts davon, alte Kondensatoren mit überhöhten Spannungen zu testen. Es genügt völlig, die am Einbauort anliegende Spannung zu wählen. Tritt dann ein Leckstrom auf, der so groß ist, das er am Einbauort nicht toleriert werden kann, dann muss der Kondensator ersetzt werden.

Es ist unbedingt darauf zu achten, den neuen Kondensator richtig herum einzubauen.

meint Henning
Schlau ist, wer weiss, wo er nachlesen kann, was er nicht weiss
Nur Messungen liefern Fakten, alles andere ist Kaffeesatz
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paulchen
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Re: Drinlassen, oder rausschmeißen?

Beitrag von paulchen »

Keine Angst Matt, bin ruhig, oder um bei dem Beispiel zu bleiben, ich laufe auf Nenndrehzahl.
Aber selbst nach einer Nacht drüber schlafen sehe ich meinen Standpunkt nicht erschüttert. Zumal sich ja hier zwei weitere Meldungen gefunden haben, die meine Theorie (zumindest lese ich das so) teilen.

Tim, es geht mir hier nicht darum Dich vorzuführen (was mir auch schon unterstellt wurde) oder ähnliches. Ich unterstütze ja sogar Deinen Drang Deine Geräte so original zu restaurieren wie es geht.
Aber ich sorge mich doch manchmal um das Niveau und die fachliche Richtigkeit im Forum. Und zu letzteren zähle ich Deinen Beitrag.
Sieh es doch einfach mal mit ein wenig Abstand aus der Sicht eines Neuankömmling hier. So er alles richtig macht, liest er sich hier erstmal in die Materie ein wenig ein. Und stolpert dann über diesen Beitrag hier. So das alles so stehen bleibt, kann sich der Eindruck verhärten, daß man grundsätzlich alle Kondensatoren älterer Bauart (davon rede ich seit meinem ersten Beitrag weiter vorn) mit der doppelten Spannung als aufgedruckt malträtieren kann.
Das sollte eben vermieden werden, so man nicht weiß was man vor sich hat.
Was Olli weiter vorn sagt ist ja ebenso richtig. Selbst mit Datenblatt sollte man vorsichtig sein. Habe ich einen Kondenstor mit 250V- Nennspannung und 400V- Prüfspannung wird er aus neuerer Produktion seine erwarteten Werte erfüllen. Das dies auch ein Bauteil aus den 50zigern Jahren noch schadlos macht ist fraglich. Allerdings kennt hier niemand die Prüfspannung von Tim´s Bauelement. Und das war der Punkt auf dem ich rumreite. Einfach davon auszugehen, daß er das abkönnen muß ist wohl der falsche Weg.

Ich hoffe, das man meinen Standpunkt etwas versteht.

paulchen
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Re: Drinlassen, oder rausschmeißen?

Beitrag von rettigsmerb »

"If it doesn't fit, use force. If it breaks, it needed replacement anyway!" oder zu Deutsch: "Wenn's nicht passt, mach's mit Kraft. Wenn's kracht, musste es eh' ersetzt werden!" könnte man dazu auch sagen. Und: Ich weiß zwar nicht genau, was ich tu, aber ich mach's einfach und lege mal fett eine Spannung an einen Kondensator, von dem ich nicht mal die Daten so genau weiß - wenn er mir dann um die Ohen fliegt, so what? Wenn schon Sch...e, dann mit richtig Anschwung! So liest sich das für mich, ohne dass ich Dir, Tim-Peder, dabei zu nahe treten möchte. Aber das was Du da von Dir gibst, ist völliger Kokolores - ganz ehrlich. Und Deine Beratungsresistenz... Na, ich möchte das jetzt lieber nicht weiter ausschmücken. :wut:
Zu den nicht zu verwechselnden Begriffen Nenn- und Prüfspannung haben paulchen und Matt bereits alles gesagt - mehr möchte ich zu dem Thema nicht mehr sagen.
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TPM
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Re: Drinlassen, oder rausschmeißen?

Beitrag von TPM »

paulchen hat geschrieben:kann sich der Eindruck verhärten, daß man grundsätzlich alle Kondensatoren älterer Bauart (davon rede ich seit meinem ersten Beitrag weiter vorn) mit der doppelten Spannung als aufgedruckt malträtieren kann.
Ach das meinst Du.
Wenn dieser Eindruck aus dem Beitrag entsteht, entschuldigung dafür. Das wollte ich damit nicht bezwecken.

Eine Frage habe ich jetzt noch...
Eine Isolationsprüfung bei Nennspannung wäre aber in Ordnung gewesen, oder?
Schöne Grüße, Tim-Peder

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paulchen
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Re: Drinlassen, oder rausschmeißen?

Beitrag von paulchen »

Ja klar. Bei der Nennspannung muß er halten was draufsteht. Auch bei angegebener Prüfspannung (welche ja hier fehlt) hätte er halten müssen. Aber das mit der Prüfspannung ist dann auch wieder so eine Sache. Im Grundsatz hattest Du das mit den 3 sec. richtig gemacht. Viel länger muß das nicht sein. Und darf es auch nicht. Aber da sind wir wieder beim Datenblatt.

Wenn Du Dir was Gutes tun willst, kauf Dir in der Bucht mal die Kiste
http://www.radiomuseum.org/r/praecitron ... _mv40.html
Der geht nur mit 50V zur Sache. Allerdings lese Dir mal den Widerstandsbereich durch. Ich habe den hier seit Jahren und regelmäßig im Einsatz. Dank unserem User Diru habe ich den mal auf einem Trödelmarkt sehr preiswert gekauft. Hätte er mich da nicht zum Kauf gedrängt, hätte ich auf dem ersten Blick gar nicht gesehen, was das Milivoltmeter noch kann.
Das Gerät entlarvte bisher alle lecken Kondensatoren.

paulchen
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Re: Drinlassen, oder rausschmeißen?

Beitrag von radiofreddy »

also ich prüfe mit Nennspannung, seit ich Radios restauriere - bisher hat sich kein Kondensator, der das ausgehalten hat, hinterher im Gerät als defekt entpuppt. Den Kapazitätstest mache ich mit einem Rechteckgenerator und einem Oszilloskop über die Ladezeitkonstante, nachdem der Gleichspannungstest erfolgreich gelaufen ist. Auch hier sind die Werte meist genauer als mit diesen billigen Kapazitätsmessgeräten, und man kann an der Kurve noch sehen, ob das Lade- und Entladeverhalten des Kondensators ok ist. Es gibt nämlich auch Kondensatoren, die den Gleichspannungstest problemlos überstehen, mit Impulsen aber nicht zurechtkommen. Das sind dann die, die z.B. in Verstärkern Knistergeräusche verursachen, nach denen man sich doof sucht.

Wenn man hinter den Rechteckgenerator eine kleine gleichspannungsgekoppelte Endstufe schaltet, kann man den Kondensator richtig quälen, viel besser als mit erhöhter Prüfspannung, wo es nur zu Abschüssen kommen kann.

Was mir bei den Kondensatortests immer wieder auffällt, ist, dass die alten Teile nur bei echten Kellerleichen in größerer Menge kaputt sind. Bei gut gelagerten Radios muss viel weniger getauscht werden, als von vielen geglaubt, und trotzdem funktionieren die Geräte hinterher im Alltagsbetrieb einwandfrei. Was nämlich viele Leute nicht bedenken - nicht eingebrannte Neuteile, also fast alles, was wir vom großen C oder großen R geliefert bekommen, haben ein annähernd gleich großes Ausfallrisiko wie uralte Bauteile.

Ich glaube, bei dieser Bauteiletauscherei um jeden Preis spielt immer eine große Menge Psychologie mit. Wenn ich mir überlege, dass mir in den vergangenen 20 Jahren erst ein restauriertes Altgerät um die Ohren geflogen ist, dagegen aber zig PC- und Handynetzteile, die erst wenige Monate alt waren, dann ist es eigentlich absurd, dass man einerseits sorglos Steckernetzteile in der Steckdose vergisst und SAT-Receiver dauerhaft am Strom lässt, im Gegenzug aber bei alten Radios bauteilemäßige Totaloperationen durchführt, und sie dann noch über eine Schaltersteckdose ( aus China für 2,99 :devil: ) vom Netz trennt, wenn man aus dem Raum geht.

Gruß Frank
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Re: Drinlassen, oder rausschmeißen?

Beitrag von TPM »

Danke für die Infos, paulchen. Den Link zum RM hab ich gespeichert.
radiofreddy hat geschrieben: nicht eingebrannte Neuteile, also fast alles, was wir vom großen C oder großen R geliefert bekommen, haben ein annähernd gleich großes Ausfallrisiko wie uralte Bauteile.
Frank, könntest Du das mit dem "eingebrannt" bitte etwas näher erläutern?
Weiß nicht so recht, wie ich mir das vorstellen soll...
Schöne Grüße, Tim-Peder

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Re: Drinlassen, oder rausschmeißen?

Beitrag von olli0371 »

Hallo Frank,

Ich kann dir nur Zustimmen. Bravo für diesen Beitrag.

Grüße
Oliver
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Re: Drinlassen, oder rausschmeißen?

Beitrag von radiofreddy »

hallo,

das mit dem eingebrannt ist ganz einfach erklärt.

Bauteile haben die Eigenart, a) wenn sie ganz neu sind, eine höhere Ausfallquote zu haben als nach ein paar Betriebsstunden, und b) ihre elektrischen Kenndaten während der ersten Betriebsstunden noch zu ändern. Aus diesem Grunde werden Bauteile, die in sicherheitsrelevante Schaltungen eingebaut werden, eine kurze Zeit mit annähernd Grenzbelastung eingebrannt, bis sie gezeigt haben, dass sie halten, und ihre Kennwerte nicht mehr verändern.

Da Standardbauteile direkt vom Band in den Verkauf gehen, macht es eigentlich keinen Sinn, funktionierende Altteile zu tauschen, um die Betriebssicherheit zu erhöhen. Die Wahrscheinlichkeit, dass fabrikfrische Neuteile hoch gehen, ist genauso hoch wie bei gut durchgebratenen Altteilen.

Besonders absurd ist der Tausch von Altteilen gegen sogenannte NOS- Bauteile. Niemand weiss, wo solche Teile während der letzten Jahrzehnte gelegen haben, und wenn ich ein Altteil aus einem Gebrauchsgerät gegen ein NOS Teil aus dem Kellerlager tausche, erweise ich mir damit sicher einen Bärendienst.

Gruss Frank
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Re: Drinlassen, oder rausschmeißen?

Beitrag von TPM »

Hallo Frank,

Danke für Deine Erklärung zu meiner Frage.

Wieder etwas dazu gelernt...
Schöne Grüße, Tim-Peder

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