meine Weihnachtsgeschichte
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- Transmare
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meine Weihnachtsgeschichte
Ich will noch ein inzwischen ein Jahr altes Versprechen einlösen und zu einem Beitrag von mir
http://dampfradioforum.de/viewtopic.php?f=32&t=19658 noch einige Angaben nachreichen.
Ich hatte damals etwas recherchiert, weil ich den Namenszug von Herbert Münch auf der Bodenplatte eines erworbenen Weltfunk Empfängers gefunden habe. Die Ausführung des Gerätes ließ eine beherzte und geschickte Nachbearbeitung des Radios vermuten. Interessant war, daß die Verkäuferin des Radios mit dem Namen nichts anfangen konnte. Erst eine weitere Nachfrage innerhalb der Verwandtschaft brachte die folgende Geschichte zu mir zurück:
Herbert Münch, geb 20.Dezember 1929 in Göltzscha / Nossen.
Aufgewachsen ist er auf dem kleinen Bauernhof seiner Eltern. Im Kindesalter wurde bei ihm die damals unbeherrschbare Erbkrankheit Bluter festgestellt. Die setzte seinem Körper sehr zu. Die fehlende Blutgerinnung führte zu häufigen Blutergüssen, vornehmlich in den Gelenken, begleitet von schlimmen Schmerzen und später Gelenkversteifungen, besonders der Knie. Den Eltern konnte er auf dem Bauernhof nur selten helfen und das Erlernen eines Berufes war nicht möglich. Aber wissbegierig vertiefte er sich in die Welt der aufblühenden Radiotechnik und Elektrik und so gab es auch bald einen Fernseher und er fotografierte gern. Die Röhrenradios studierte er, in dem er sich Fachzeitschriften zulegte und mit der Zeit konnte er auch Fehler ausfindig machen und die Apparate reparieren. Für die Funktionskontrolle der vielfältigen Röhren baute er ein selbstentwickeltes Röhrenprüfgerät (s.Fotos), wofür er u.a. den damals zur Verfügung stehenden Kunststoff Bakelit verwendete: als isolierende Grundplatte für die verschiedenen "Steckdosen" der unterschiedlichen Röhren bzw. für die Frontplatte, in welche die Kontrollgeräteanzeigen eingelassen sind. Mit seinem grauen Moped SR1 (später dann mit einem SR2) führ er nach Roßwein in ein Fachgeschäft, um Ersatzteile zu holen und sein notwendiges Lötzubehör.
Unter den damaligen Radiobesitzern sprach es sich immer mehr herum, daß es im abgelegenen kleinen Göltzscha einen jungen Mann gibt, der fast allen Radiopatienten helfen kann. Sie nahmen mitunter weite Wege auf sich,um ihr Radio von Herbert wieder flott zu bekommen.
Die erste Arbeit nach dem Abnehmen der Rückwand war das gefühlvolle Entstauben der gesamten Leiterplatte, um alle Kontaktstellen der Röhren und Lötstellen auf Unversehrtheit prüfen zu können.
Einmal konnte er auch ein Flugmodell wieder zum Fliegen bringen, sehr zur Freude seines Besitzers.
Über dieses späte Interesse an seiner Arbeit hätte sich Herbert Münch sehr gefreut. Und wenn ihn nicht seine Krankheit schon 1971 am 9.Mai abgerufen hätte, würde er mit großer Freude an Euerer Internetrecherche mitwirken.
Als hurmorvoller, freundlicher und vor allem gütiger Mensch war Herbert bei Jedermann beliebt.
Für unbelehrbare Querulanten allerdings hatte er einen etwas speziellen Spruch:
"Den könnt 'ch an der Wand zerreim!" [Den könnte ich an der Wand zerreiben!]
Diesen Lebensweg und die Fotos erhielt ich mit der Erlaubnis, diese hier zu veröffentlichen. Für mich zusätzlich beeindruckend, wie korrekt die Dame alles beschrieben hat. Sie hat als Kind dem Herbert bei seiner Arbeit zugeschaut.
http://dampfradioforum.de/viewtopic.php?f=32&t=19658 noch einige Angaben nachreichen.
Ich hatte damals etwas recherchiert, weil ich den Namenszug von Herbert Münch auf der Bodenplatte eines erworbenen Weltfunk Empfängers gefunden habe. Die Ausführung des Gerätes ließ eine beherzte und geschickte Nachbearbeitung des Radios vermuten. Interessant war, daß die Verkäuferin des Radios mit dem Namen nichts anfangen konnte. Erst eine weitere Nachfrage innerhalb der Verwandtschaft brachte die folgende Geschichte zu mir zurück:
Herbert Münch, geb 20.Dezember 1929 in Göltzscha / Nossen.
Aufgewachsen ist er auf dem kleinen Bauernhof seiner Eltern. Im Kindesalter wurde bei ihm die damals unbeherrschbare Erbkrankheit Bluter festgestellt. Die setzte seinem Körper sehr zu. Die fehlende Blutgerinnung führte zu häufigen Blutergüssen, vornehmlich in den Gelenken, begleitet von schlimmen Schmerzen und später Gelenkversteifungen, besonders der Knie. Den Eltern konnte er auf dem Bauernhof nur selten helfen und das Erlernen eines Berufes war nicht möglich. Aber wissbegierig vertiefte er sich in die Welt der aufblühenden Radiotechnik und Elektrik und so gab es auch bald einen Fernseher und er fotografierte gern. Die Röhrenradios studierte er, in dem er sich Fachzeitschriften zulegte und mit der Zeit konnte er auch Fehler ausfindig machen und die Apparate reparieren. Für die Funktionskontrolle der vielfältigen Röhren baute er ein selbstentwickeltes Röhrenprüfgerät (s.Fotos), wofür er u.a. den damals zur Verfügung stehenden Kunststoff Bakelit verwendete: als isolierende Grundplatte für die verschiedenen "Steckdosen" der unterschiedlichen Röhren bzw. für die Frontplatte, in welche die Kontrollgeräteanzeigen eingelassen sind. Mit seinem grauen Moped SR1 (später dann mit einem SR2) führ er nach Roßwein in ein Fachgeschäft, um Ersatzteile zu holen und sein notwendiges Lötzubehör.
Unter den damaligen Radiobesitzern sprach es sich immer mehr herum, daß es im abgelegenen kleinen Göltzscha einen jungen Mann gibt, der fast allen Radiopatienten helfen kann. Sie nahmen mitunter weite Wege auf sich,um ihr Radio von Herbert wieder flott zu bekommen.
Die erste Arbeit nach dem Abnehmen der Rückwand war das gefühlvolle Entstauben der gesamten Leiterplatte, um alle Kontaktstellen der Röhren und Lötstellen auf Unversehrtheit prüfen zu können.
Einmal konnte er auch ein Flugmodell wieder zum Fliegen bringen, sehr zur Freude seines Besitzers.
Über dieses späte Interesse an seiner Arbeit hätte sich Herbert Münch sehr gefreut. Und wenn ihn nicht seine Krankheit schon 1971 am 9.Mai abgerufen hätte, würde er mit großer Freude an Euerer Internetrecherche mitwirken.
Als hurmorvoller, freundlicher und vor allem gütiger Mensch war Herbert bei Jedermann beliebt.
Für unbelehrbare Querulanten allerdings hatte er einen etwas speziellen Spruch:
"Den könnt 'ch an der Wand zerreim!" [Den könnte ich an der Wand zerreiben!]
Diesen Lebensweg und die Fotos erhielt ich mit der Erlaubnis, diese hier zu veröffentlichen. Für mich zusätzlich beeindruckend, wie korrekt die Dame alles beschrieben hat. Sie hat als Kind dem Herbert bei seiner Arbeit zugeschaut.
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Gruß
Matthias
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Re: meine Weihnachtsgeschichte
Schön - Dankeschön fürs aufschreiben.
Sehr nette Geschichte
Grüße
Oliver
Sehr nette Geschichte

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Re: meine Weihnachtsgeschichte
Dito, die Geschichte paßt auch gut in die hoffentlich besinnliche Weihnachtszeit.
Zwei Dinge gefallen mir besonders. Es wird mal über stille, lokale "Helden" gesprochen, die ohne Medienpräsenz und Geltungsdrang eine Freude für ihre Mitmenschen sind.
Die Geschichte ist auch ein schönes Beispiel dafür, daß aus Einschränkungen jeglicher Art durchaus besondere Fähigkeiten in einer ganz anderen Richtung erwachsen können.
Danke dafür!
Gruß, Frank
Zwei Dinge gefallen mir besonders. Es wird mal über stille, lokale "Helden" gesprochen, die ohne Medienpräsenz und Geltungsdrang eine Freude für ihre Mitmenschen sind.
Die Geschichte ist auch ein schönes Beispiel dafür, daß aus Einschränkungen jeglicher Art durchaus besondere Fähigkeiten in einer ganz anderen Richtung erwachsen können.
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Es muss nicht immer alles Sinn machen. Oft reicht es schon, wenn's Spaß macht.
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Re: meine Weihnachtsgeschichte
Solche Geschichten rühren mich immer und ich wünschte, ich könnte mit diesen Menschen doch einmal über diese Zeiten plaudern. Schade und traurig, dass sie so früh gehen mussten...
Danke, dass wir wenigstens ein bisschen daran teilhaben dürfen!
Schöne Weihnachten und Guten Rutsch...
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Schöne Weihnachten und Guten Rutsch...
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- Kuba Komet
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Re: meine Weihnachtsgeschichte
Solche Geschichten sind immer sehr bewegend. Sie beschreiben in der Tat die unbekannten Helden im Alltag. Es berührt mich auch immer, wenn Menschen, die durch Krankheit in ihren Möglichkeiten sehr eingeschränkt sind, sich trotzdem nicht hängen lassen. Es ist für mich immer eine Art Leitbild, wenn es mir mal nicht so gut geht, trotzdem nach vorne zu schauen und auch die eigenen Wehwehchen nicht so ernst zu nehmen.
Danke für die Geschichte.
VG Willi
Danke für die Geschichte.
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Das Leben und dazu eine Katze: Das gibt eine unglaubliche Summe!
Rainer Maria Rilke
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- Transmare
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Re: meine Weihnachtsgeschichte
Diese Bilder hätte ich noch als Ergänzung.
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Gruß
Matthias
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- Kuba Komet
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Re: meine Weihnachtsgeschichte
Hallo Matthias
und danke für diese nette "Weihnachtsgeschichte". Ohne deine hartnäckigen Recherchen wärst du wohl nicht zu den Informationen und Bildern gekommen.
Ich finde es sehr bewundertswert, wie jemand trotz der Bluterdiagnose sich der damals neuen Radiotechnik angenommen hat und offenbar auch seine Selbstverwirklichung gefunden hat. Schliesslich muß der Umgang mit den den metallenen Radiochassis -Verletzungsgefahr an Blechkanten z.B.- auch ein hohes Risiko für ihn bedeutet haben.
Ich würde überlegen, einen Ausdruck der Geschichte an dein "besonderes" Weltfunk-Radio anzubringen (Rückwand), denn es ist ja ein Radio mit außergewöhnlicher Geschichte...
und danke für diese nette "Weihnachtsgeschichte". Ohne deine hartnäckigen Recherchen wärst du wohl nicht zu den Informationen und Bildern gekommen.
Ich finde es sehr bewundertswert, wie jemand trotz der Bluterdiagnose sich der damals neuen Radiotechnik angenommen hat und offenbar auch seine Selbstverwirklichung gefunden hat. Schliesslich muß der Umgang mit den den metallenen Radiochassis -Verletzungsgefahr an Blechkanten z.B.- auch ein hohes Risiko für ihn bedeutet haben.
Ich würde überlegen, einen Ausdruck der Geschichte an dein "besonderes" Weltfunk-Radio anzubringen (Rückwand), denn es ist ja ein Radio mit außergewöhnlicher Geschichte...

Viele Grüße
Frank
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Re: meine Weihnachtsgeschichte
Hallo Matthias,
danke für die Weihnachtsgeschichte und die Mühe mit der Recherche
. Nun habe ich erstmal geschaut wo eigentlich Göltzscha ist ??? Nossen ist ja nicht weit von hier und bei Autofahrern berüchtigt wegen des " Nossener Dreiecks", aber Göltzscha ? Habs gefunden und was dazugelernt. Interessante Geschichte, bemerkenswert neben der radiotechnischen Leistung auch die Tatsache daß der Mann mit einem SR1 oder SR2 ca 50km nach Roßwein gefahren ist wegen Radioteilen
. Wer diese Mopeds kennt weiss von was ich da rede
. Waren eben andere Zeiten. Auf jeden Fall eine schöne Weihnachtsgeschichte !
Frohe Weihnachten an alle !
MfG
Uwe
danke für die Weihnachtsgeschichte und die Mühe mit der Recherche



Frohe Weihnachten an alle !
MfG
Uwe
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Re: meine Weihnachtsgeschichte
Hallo, das Gefährt auf dem Foto ist aber kein SR1 oder SR2.Uwe hat geschrieben:Hallo Matthias,
danke für die Weihnachtsgeschichte und die Mühe mit der Recherche. Nun habe ich erstmal geschaut wo eigentlich Göltzscha ist ??? Nossen ist ja nicht weit von hier und bei Autofahrern berüchtigt wegen des " Nossener Dreiecks", aber Göltzscha ? Habs gefunden und was dazugelernt. Interessante Geschichte, bemerkenswert neben der radiotechnischen Leistung auch die Tatsache daß der Mann mit einem SR1 oder SR2 ca 50km nach Roßwein gefahren ist wegen Radioteilen
. Wer diese Mopeds kennt weiss von was ich da rede
. Waren eben andere Zeiten. Auf jeden Fall eine schöne Weihnachtsgeschichte !
Frohe Weihnachten an alle !
MfG
Uwe
Es ist ein Anbaumotor Typ MAW ( Magdeburger Armaturen Werke) ,im Volksmund hieß das Ding "Hühnerschreck" oder "Hackenwärmer".

Und damit auch meine besten Wünsche für die kommenden Feiertage....
Claus
Wer mit der Röhre hört,der hört,wie es richtig röhrt :D
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Re: meine Weihnachtsgeschichte
Hallo Claus,nordmender hat geschrieben: Hallo, das Gefährt auf dem Foto ist aber kein SR1 oder SR2.
Claus
Das Foto hatte ich auch nicht gemeint

Frohe Weihnachten !MatthiasD hat geschrieben:Mit seinem grauen Moped SR1 (später dann mit einem SR2) führ er nach Roßwein in ein Fachgeschäft, um Ersatzteile zu holen und sein notwendiges Lötzubehör.
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Re: meine Weihnachtsgeschichte
Er hatte sich für das Foto bestimmt den Hühnerschreck geliehen, wenn der SR1/SR2 sonst typisch für ihn war, oder hatte ihn vorher.
Gruß
Matthias
Matthias
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Re: meine Weihnachtsgeschichte
Eine ganz tolle Geschichte hast Du da aufgetan



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Re: meine Weihnachtsgeschichte
Eine sehr schöne Geschichte, Matthias! 
