Graetz 516 Klangregelung

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MatthiasD
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Graetz 516 Klangregelung

Beitrag von MatthiasD »

Hallo Radiofreunde,

Ich habe seit gestern ein Graetz Melodia 516 auf dem Tisch, welches keine besonderen Fehler zeigt. Die MP-Kondensatoren waren allesamt zu tauschen und auch der Lade-Sieb-ELKO war am Überdruckventil sehr verkrustet. Nach dem Tausch der Bauteile funktioniert das Radio wieder wie erwartet. Ich schließe zur Reparatur das Chassis allerdings an einem anderen Lautsprecher an. Klar, damit decke ich nur den Hauptlautsprecher in seiner Funktion ab. Ich hätte aber erwartet, dass ich irgendeine Wirkung der Klangsteller sehe.
Graetz 516.png
Der Regler im Schaltbild oben ist vermutlich der Höhenregler und wirkt ausschließlich auf die Hochtöner. Ob die überhaupt noch mitspielen muss ich heute noch testen. Damit erklärt sich die fehlende Reaktion dieses Reglers in der Reparaturphase. Ich müsste doch aber eine Wirkung des Bassreglers hören können. Die im Signalweg liegenden Widerstände muss ich jetzt noch prüfen. Habe ich da einen Denkfehler und die etwas aufwändigere Schaltung um den AÜ muss komplett eingebunden sein (bei mir sind die Hochtöner gerade nicht angeschlossen) ?
Nur am Rande: das war das erste Radio, bei dem der Elko im Netzteil optisch komplett hinüber war, der weder formiert oder anderweitig ersetzt wurde und es trotzdem nicht das geringste Brummen gibt. Ich werde den trotzdem ersetzen, weil das Ende ja absehbar ist, aber erstaunt hat mich das trotzdem.
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Gruß
Matthias
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Röhrig
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Re: Graetz 516 Klangregelung

Beitrag von Röhrig »

Moin Matthias,

die beiden Klangregler sind nur in Funktion, wenn keine der drei Klangregistertasten gedrückt ist und das Klangregister auch angeschlossen ist, ist bei Graetzradios dieser Zeit meist mit einem mehrpoligen Stecker versehen. Siehe die Schaltkontakte im Schaltplan.

Gruß von der langsam aufgetauten, sonnigen Förde

Kurt

Edit: Wird oft auch angezeigt, indem die Anzeigebeleuchtung der Klangregler abgeschaltet wird, wenn eine Taste des Klangregisters gedrückt ist.
Edit II: hab gerade gesehen, ist beim Comedia nicht der Fall, wohl aber bei den größeren Melodia und Co.
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Re: Graetz 516 Klangregelung

Beitrag von röhrenradiofreak »

Der Höhenregler wirkt nicht nur auf die Hochtöner. Vielmehr liegt er in einem Gegenkopplungszweig: Das Signal aus der Gegenkopplungswicklung des AÜ (im Schaltplan die obere rechte Wicklung) wird über das Poti und den 2,5 nF-Kondensator (dieser ist dafür zuständig, dass die Schaltung nur für hohe Frequenzen wirkt) ans Steuergitter der Endröhre zurückgespeist. Je nach Potistellung ergibt sich dadurch für die hohen Frequenzen eine starke oder schwache Gegenkopplung. Starke Gegenkopplung = wenig Höhen, schwache Gegenkopplung = viel Höhen.

Wie mein Vorredner Kurt schon geschrieben hat, arbeitet diese Schaltung aber nur, wenn keine der Klangtasten Sprache, Solo und Orchester gedrückt ist. Zu diesen Tasten gehören die drei Kontakte, die rechts vom Poti gezeichnet sind. Bei nicht gedrückten Tasten sind sie geschlossen, wie im Schaltplan gezeichnet. Ist eine der Tasten gedrückt, ist der zugehörige Kontakt offen und das Poti hängt einseitig in der Luft. Beim Bassregler (unten im Schaltplanausschnitt) ist es ähnlich. Nur der Kontakt der Taste "Sprache" ist abweichend geschaltet: bei gedrückter Taste werden die Bässe rausgenommen.

Lutz
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MatthiasD
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Re: Graetz 516 Klangregelung

Beitrag von MatthiasD »

Danke an Kurt und Lutz für die Klarstellung. Im Schaltplan fehlt leider die Übersicht für das Klangregister. Daher habe ich die Schalter im Signalweg nicht gleich zuordnen können. Jetzt reagiert die Klangeinstellung wieder, wenngleich das Prinzip der Klangbeeinflussung bei Graetz schon sehr kompliziert gemacht ist.
Gruß
Matthias
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Re: Graetz 516 Klangregelung

Beitrag von hf500 »

Moin,
komplizierte Gegenkopplungsnetzwerke und Klangsteller sind allerdings bei "Qualitaetsempfaengern" ueblich gewesen. Sie hatten den besten Effekt bei geringstem Roehrenaufwand und das war das Wichtigste. Nur bei Spitzenempfaengern war das Geld fuer zusaetzliche Roehrensysteme in der NF vorhanden, so dass man auch Klangstellerschaltungen verwenden konnte, die einen hoeheren Verstaerkungsverlust bedingten, der mit eben den zusaetzlichen Systemen wieder herausgeholt werden musste.
Und dann hat das Gegenkopplungsnetzwerk noch die Aufgabe, den Verstaerkerfrequenzgang an das Gehaeuse und die Lautsprecher anzupassen. So ein Radio, jedenfalls ab der unteren Preisklasse, war ein "Gesamtkunstwerk" bei dem alles aufeinander abgestimmt wurde. Zumindest bei den groesseren Herstellern, die das auch leisten konnten.
Das Radio ist eben nicht einfach nur eine Kiste mit Lautsprechern und einem Rundfunkchassis darin ;-)

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Peter