Minimalreparatur Paillard Typ 58

Hier könnt ihr die schönsten Stücke eurer Sammlung zeigen oder Geschichten zu besonderen Radios erzählen.
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holger66
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Minimalreparatur Paillard Typ 58

Beitrag von holger66 »

Hallo Forum,

dieser Tage kam ein Sammlerkollege mit einem in Köln erstandenen Schätzchen bei mir an und "beantragte" einen Probelauf und eine entsprechende Reparatur. Auf eine längere Aktion hatte ich mich da schon gleich gefaßt gemacht und inspizierte dieses schöne Gerät erst einmal:

http://www.radiomuseum.org/r/paillard_58.html

Zunächst ist natürlich die amerikanische Bestückung auffällig, unter der die 2A3, eine direkt geheizte Endtriode, hervorsticht. Die hat wirklich nur 4 Pinne und ist vom Innenleben her mit der AD1 identisch !

Eine abnehmbare Bodenpappe hat das Gerät nicht, also mußten zunächst einmal die Knöpfe herunter, die nur mit Federn auf die Achsen gesteckt waren. Dann konnte nach Entfernen der Chassisschrauben das komplette Chassis samt Skala und Lautsprecher aus dem Gehäuse gehoben werden.

Ich neige ja nicht unbedingt zu Übertreibungen. Aber ich will ehrlich sein: was die Schweizer anno 1937 hier fabriziert haben, ist von singulärer Qualität. Blechstärken, Verlötung, Bauteile, Mechanik, alles 1A Mache ! So ein solides Gerät hatte ich noch nie in Händen, auch Saba ist da keine Konkurrenz. Augenscheinlich war es auch immer artgerecht gelagert worden, nicht das kleinste bißchen Rost war zu sehen, die Mechanik ließ sich zwar durch Öl leichtgängiger machen, lief aber auch zuvor problemlos. Einen Seilzug gibt es übrigens nicht, die Übertragung der Antriebskraft auf den Drehko erfolgt mit einer Friktionsscheibe, alles kugelgelagert. Auch sah es so aus, als steckten noch alle Originalröhren drin. Ein Radio für die Ewigkeit, das funktioniert auch in 100 Jahren noch.

Sogar die Kondensatoren und Elkos machten noch einen guten Eindruck. Den Koppelkondensator habe ich mal einseitig abgelötet und eine leichte Schwäche festgestellt: 20MOhm bei 500 Volt vom Isolationsprüfer. Das Bauteil war in eine Kupferhülle eingewickelt, die rundum verlötet (alles Handarbeit) und auf Masse gelegt war, die Kupferhülle habe ich für das neue Bauteil weiterverwendet. Die Kapazität des Bauteiles wich um weniger als 10% von dem aufgedruckten Wert 47nF ab ! Übrigens ist auch in diesem Gerät (wie schon bei meinem eigenen Paillard 7604 von 1948) jeder Kondensator nebenbei auch noch mit seiner Teilenummer aus dem Schaltplan beschriftet, was -in diesem Fall nach Abnahme der Kupferhülle- das Auffinden der Bauteile erleichtert.

Hier findet sich übrigens noch ein weiteres Bild des Gerätes:

http://doctsf.com/grandlivre/fiche.php? ... i=ps&idx=1

340 Schweizerfranken anno 1937, weiß jemand, wie hoch der Franken damals im Kurs zur Reichsmark stand, damit man mal vergleichen könnte ?

Was soll ich Euch sagen ? Der Empfangsversuch lief so gut, die Spannungen lagen auf so einem guten Niveau, daß ich das Radio anschließend -geradezu erschüttert- flott wieder zusammen gebaut und mit einem lachenden und einem weinenden Auge dem Besitzer wieder in die Hand gegeben habe, ohne sachdienliche Bilder für das DRF gemacht zu haben. Das Radio hätte ich selber gerne. Ich habe es in Köln immer wieder übersehen, dumm gelaufen, aber bei der Menge dort auch kein Wunder....man ist halt auf andere Geräte zu sehr fixiert.

Einen Schaltplan habe ich leider nicht, kann den jemand besorgen ? Könnte besonders im Hinblick auf die vom Gründer im rmorg gemachte Bemerkung bezüglich der Mallory-Zelle interessant sein. Direkt gesehen habe ich das Ding nicht.

Achja: die Sammlungsauflösung der Kölner Sammlung ist vor 2 Wochen beendet worden, der große Rest von etwa 2000 bis 2500 Geräten geht per Hochseecontainer nach, na, Ihr ahnt es sicher schon. Wird eine tolle Aktion, das alles auszuräumen, ist aber nicht mehr die Sache der bisherigen Verkäufer.

H.
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Walterh
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Re: Minimalreparatur Paillard Typ 58

Beitrag von Walterh »

Hallo Holger

Den Schaltplan findest Du nun bei beiden von Dir genannten Links - bei doctsf m.E. in besserer Qualität ;-)

Die Paillard habe ich auch gern - sind feine Geräte. Speziell auch die diversen Modelle in Metallgehäusen - auch in Grün und Blau.....Aber Deine Erfahrung basiert auf einem "guten Leben" dieses einen Gerätes. Die Leclanché oder Freiburger Kondensatoren waren zwar hart im Nehmen, aber es gibt auch bei denen Grenzen :-). Auch die Elkos von Standard verblüffen mich immer wieder (von denen gibt es immer mal wieder solche aus den späten 30iger oder 40iger, die noch i.O. sind) ......

Gruss, Walter
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Re: Minimalreparatur Paillard Typ 58

Beitrag von Walterh »

Hallo Holger

Habe in meinen Unterlagen bezüglich Preis gestöbert und das zu Saba (im 1938) gefunden:
Saba_Schweizer_Radio_Zeitung_Wo-46-1938.jpg
Bei Paillard war der 58 damals offenbar preislich Mittelklasse:
Paillard_Schweizer_Radio_Zeitung_Wo-46-1938.jpg
Gruss, Walter
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holger66
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Re: Minimalreparatur Paillard Typ 58

Beitrag von holger66 »

Hallo Walter,

stimmt schon. Aber: hier gab es nicht das kleinste Problem mit defekten Trimmern, geplatzten Parallelkapazitäten in den Bandfiltern, einem schwergängigen oder gar defekten Drehko. Nichts. Das Gerät ist wirklich praktisch "jungfräulich". Und von der Verarbeitung lag es wenigstens gleichauf mit dem Siemens 95W, der hier mal diskutiert wurde.

Ich werde mein Augenmerk jedenfalls mal auf Paillard-Vorkriegsradios richten. Wie häufig sind die bei Euch ? Und wenn Du eines haben wolltest, wo würdest Du gucken ?

Gruß
Holger
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Re: Minimalreparatur Paillard Typ 58

Beitrag von Funkschrotti »

Hallo Holger,

die restlichen 2500 Radios aus der Kölner Sammlungsauflösung gehen nach wohin ??? Ostasien (China, Japan) ?? Wer interessiert sich für solche Mengen Radios ? Für Lautsprecherausschlachter dürfte da doch wohl kaum was dabei sein oder ?

Gruß

Roland
Walterh
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Re: Minimalreparatur Paillard Typ 58

Beitrag von Walterh »

Hallo Holger

Wenn Du Dich für Paillard interessierst, dann solltest Du auch die Geräte der frühen Nachkriegsjahre anschauen. Im Gegensatz zu den deutschen Notradios aus der Zeit wurden in der Schweiz in diesen Jahren sehr interessante, aufwändig gebaute Geräte hergestellt (KW-Lupen oder gleich mehrere KW-Bänder, Gegentaktendstufen usw.)

Suchen würde ich bei CRGS Anlässen oder im Ricardo. Bei Ersteren weiss man was man bekommt, zahlt aber vielleicht etwas mehr....

Gruss, Walter
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holger66
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Re: Minimalreparatur Paillard Typ 58

Beitrag von holger66 »

Hallo Walter,

den 7604 habe ich ja schon, den gebe ich auch nicht wieder her. Auch da war der Reperaturaufwand minimal. Aber die richtig dicken Vorkriegsgeräte sind wahrscheinlich so selten, wie Goldstaub ?

H.
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Re: Minimalreparatur Paillard Typ 58

Beitrag von saarfranzose »

diese beiden Paillard stehen immer noch bei mir. Ich finde das sie etwas besonderes sind und gebe ihnen zumindest die Chance auf eine Überarbeitung:

Paillard 4306 mit UKW Nachrüstung

Paillard 3302
Gruß,
Jupp
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Der Sammler "an sich" wird einfach nie ethisch oder moralisch sein. Liegt in der Sache der Natur... Sonst wären wir ja keine "Sammler & Jäger", sondern biedere Heimchen (Marek)
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Ralph
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Re: Minimalreparatur Paillard Typ 58

Beitrag von Ralph »

Hallo Holger,

die Frage nach dem Wechselkurs RM/SFr. taucht im Netz häufiger auf, bleibt aber in aller Regel unbeantwortet.

Gefunden habe ich zwei Vermerke: einen aus 38/39, wo ein Kurs von 80RM zu 100SFr. genannt wird und eine Angabe zu einer Erbschaftsstreitigkeit aus 1943, die vor einem schweizer Gericht verhandelt wurde. Da wurde der Kurs mit 56RM für 100SFr. festgtesetzt.

Gruß Ralph
Und klingt der Netzbrumm schauerlich, das Radio spricht: NOCH LEBE ICH!