Loewe Opta & Opta Spezial??

[schmido83]

Hallo Gemeinde!
Leider konnte das Internet mir bisher keine Antworten auf meine Fragen liefern:
Warum hat Loewe Opta in den 50er Jahren in Düsseldorf unter der Bezeichnung Opta-Spezial eigenständige Geräte parallel zu denen in Kronach produziert? Und warum wurden in beiden Werken nicht die gleichen Geräte gebaut, sondern jeweils eigenständige? Waren die Opta-Spezial Radios günstiger oder gleichwertig zu denen in Kronach?
Dass Loewe angesichts des Wirtschaftswunders expandieren musste, kann ich mir ja noch vorstellen. Aber aus welchem Grund die Eigenständigkeit zweier Marken herrschte, entzieht sich meiner Kenntnis. Oder gab es da ein Joint Venture mit der ehem. eigenständigen Opta-Fabrik?

Fragen über Fragen, die mich quälen..

Viele Grüße
Dominik

[Martin]

hm, das ist ungefähr so wie FC Bayern und Fortuna,
bei denen hieß es eben Hellas und Rheingold

lG Martin (hat einen Hellas auf der Arbeit)

[schmido83]

Hm, ja. Aber du wirst ja nicht bestreiten können, dass FC Bayern und Fortuna Düsseldorf nicht zur gleichen Unternehmengruppe gehören.
Die beiden Firmen sind ja praktisch ein und dieselbe.

[Binser]

Hallo Dominik,

wie weit soll ich ausholen?

Los ging die Weichenstellung mit der Arisierung in den 1930er Jahren. Siegmund Loewe wurde 1938 enteignet und sein 50%-Anteil an der Firma LOEWE wurde dem Reichsluftfahrtministerium unterstellt. Er selbst ging nach Amerika. In die Firma LOEWE wurde noch die Berliner Firma GRASSMANN eingegliedert. Neben dem Werk in Berlin wurde 1941/42 ein Werk in Leipzig errichtet. Hauptsächlich wurden nun Bordfunkgeräte unter dem Markennamen LÖWE RADIO AG hergestellt. Doch auch der Name LÖWE war zu jiddisch, also wurde die Firma ab 1942 in OPTA RADIO AG umbenannt. Wie in Kriegszeiten üblich, wurden die Produktionsstätten "verlagert". Die Fertigung aus Berlin ging nach Küps bei Kronach.

Da die OPTA RADIO AG zu den Rüstungsbetrieben zählte, wurden die Fabrikationsanlagen sehr bald nach Kriegsende demontiert. Im Berliner Werk wurden gerade noch drei Gerätetypen hergestellt, ein Nachkriegs-DKE (Opta GW) und der berühmte Zwergsuper mit den Türchen (3516 GWT), sowie den Opta 146 Dyn GW. Später wurde das Berliner Werk zum VEB-Stern-Radio Berlin. Aus dem Werk in Leipzig wurde das VEB-Stern-Radio Leipzig.

Nun nach Küps. Dort war nach Kriegsende an eine Produktion von Radios aus Teilemangel eigentlich nicht zu denken. Bis 1947 wurden dort Tischlampen und Ofenrohre gefertigt. 1948 ging die "Produktion" mit zwei (!) Geräten pro Tag los. Doch Radios waren gefragt... Bereits Ende 1948 wurde das Werk in Kronach errichtet. Noch war der Name OPTA RADIO AG.

Das änderte sich, als der emigrierte Sigmund Loewe 1948 wieder nach Deutschland zurück kam. Er übernahm den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden und benannte die Firma wieder um, nämlich in die LOEWE OPTA AG.
Mit der Wiederherstellung des "alten Zustandes" der Firmenführung wurde jedoch auch ein Zweigwerk in Düsseldorf-Heerdt gegründet. Allerdings blieb hier ein Teil des alten Namens, schließlich war der Name ja seit 1942 als "Markenname" bekannt. Die Firma nannte sich OPTA SPEZIAL GmbH unter dem Dach der LOEWE OPTA AG.

Die Düsseldorfer Produktion ging von 1950 bis 1954. Die Geräte waren nicht besser oder schlechter, wohl aber eigenständige Entwicklungen. Ein Tochterunternehmen mit eigenständiger Produktlinie. Meist Großsuper "Rheinklang, Rheinkrone, Rheingold" etc., fast keine Kleingeräte. Auch der Vertriebsweg war nicht an die LOEWE OPTA AG angegliedert.
Ab 1954 wurde die Tochter OPTA SPEZIAL aufgegeben und in Düsseldorf wurden nur noch Komponenten für das Mutterwerk in Kronach produziert.

Also: OPTA SPEZIAL GmbH ist eine echte, eigenständige Tochter der LOEWE OPTA AG, vormals OPTA RADIO AG, vormals LÖWE AG, nochmals vormals D.S.LOEWE-RADIO AG, ganz vorher D.S.LOEWE AG und fast schon nicht mehr wahr RADIOFREQUENZ-GmbH und LOEWE-AUDION GmbH.

So isses.
Noch Fragen?

Grüße,
Jörg

[schmido83]

Super, danke. Damit wäre alles umfassend geklärt!

[radioschrat]

Das war mal eine qualifizierte Antwort. Könntest Du glatt eine Serie zu den verschiedenen Herstellern draus machen.

Ralf

[rettigsmerb]

Besser hätte man die kurz zusammengefasste Geschichte der Firma Loewe nicht schreiben können - Super Herzliches

(Das sind solche Beiträge, von denen wohl nicht nur ich noch viel mehr hier gern zu lesen wünsche!)

[Binser]

Freut' mich, wenn's interessant war!

Hab' aber noch was vergessen (nur, damit's vollständig wird)... Bevor das Berliner Werk zum VEB Stern-Radio Berlin wurde, wurden noch Geräte und Röhren unter dem Markennamen OPTA-PHONETICA gebaut...

Jetzt war's das aber...

[Vagabund]

Da macht das Forumlesen richtig Spaß...

[radioschrat]

Tja, Binser, da hast Du was angefangen...

Ralf

[Binser]

Tja...

Dann erzähl' ich eben noch, wie der LOEWE zu seinem OPTA kam... Passt zwar nicht mehr zum eigentlichen Thema, aber was soll's

Was heißt denn eigentlich OPTA? Es ist ja kein Familienname, auch kein echtes Kunstwort, welches mit Rundfunk zu tun hat. Nun denn:

LOEWE war ja für seine Mehrfachröhren berühmt. Zwischen 1927 und 1935 wurden die Geräte fast ausschließlich mit diesen Röhren bestückt. Ziemlich verbreitet waren die WG34 und die WG36, welche ab 1934 in den Geräten Ratsherr, Gildemeister, Botschafter und Patrizier eingesetzt wurden. Der Charme der Geräte war, dass es von Hause aus "Allrounder" waren. Ursprünglich ausgelegt für Gleichstrom konnte man durch Entfernen einer Brücke und Nachkauf einer 26NG Gleichrichterröhre ein Wechselstromgerät daraus machen.

Das änderte sich 1936 erstmals mit dem 537 "Schlittschuh". Dieses Gerät war, letztmalig für Allstrom mit den Mehrfachröhren, als auch für Wechselstrom mit den neuen A-Röhren im Programm. An Stelle der "Namen" der Geräte traten Nummern und der Zusatz "OPTA" nach dem lateinischen "optare", "wählen, aussuchen". Eben, weil es zwei Varianten gab.
Der Zusatz OPTA blieb, bis es den eigentlichen LÖWE ablöste.

Hier die Rückwand vom Schlittschuh



Die RADIO AG - D.S.LOEWE ist der Hersteller, der Typ OPTA 537W

Aus einer Geräteserie wurde ein Markenname.

Grüße,

Jörg

[Hennes]

Mein lieber Kokoschinki das war doch mal nee Antwort für runde Kulleraugen oder?

Und die Homepage: Mein lieber Scholli!

Nette Grüße
Hennes

[rettigsmerb]

Hallo Jörg,

also - ich finde, dass dieser Beitrag absolut passt, das Bild um die Loewe-Opta-Geschichte ergänzt und abrundet. Nochmals ein Riesen

Die Loewe-Mehrfach-Röhren gelten ja als der weltweit erste "Integrierte Schaltkreis". An deren Entwicklung war Manfred von Ardenne, dem späteren Fernseh-Pionier, maßgeblich beteiligt. Eine geniale Idee, wie ich meine. Warum wurde sie zunächst eigentlich nicht weiter verfolgt? Zu teuer in der Entwicklung und Produktion? Erst mit dem Fortschreiten der Halbleitertechnologien wurde sie wieder aufgegriffen, mit den Ausprägungen, wie wir sie heute z.B. vom Mikroprozessor her kennen.

[claus52]

Die Düsseldorfer Produktion ging von 1950 bis 1954. Die Geräte waren nicht besser oder schlechter, wohl aber eigenständige Entwicklungen. Ein Tochterunternehmen mit eigenständiger Produktlinie. Meist Großsuper "Rheinklang, Rheinkrone, Rheingold" etc., fast keine Kleingeräte. Auch der Vertriebsweg war nicht an die LOEWE OPTA AG angegliedert.
Ab 1954 wurde die Tochter OPTA SPEZIAL aufgegeben und in Düsseldorf wurden nur noch Komponenten für das Mutterwerk in Kronach produziert.

Grüße,
Jörg

Hallo Jörg,

erstmal ein großes Kompliment eines Loewe Opta-Fans zu deiner ausführlichen Erklärung und Kompliment zu deiner Homepage, alles sehr infomativ. So mach I-Net wirklich Freude.

Zu deinem o.a. Zitat passt dann wohl auch noch der 4-seitige Prospekt aus 1954:

[Martin]

eigentlich ganz einfach,

auf meinem Apollo sitzt ein kleiner Löwe und der heißt "Opta"
http://www.dampfradioforum.de/viewtopic.php?f=33&t=4499

lG Martin