Röhrenradio und Technik: Allgemeine Fragen

Allgemeines und was sonst nirgendwo reinpasst zum Thema "Dampfradios".
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8bitrisc
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Röhrenradio und Technik: Allgemeine Fragen

Beitrag von 8bitrisc »

Hallo zusammen,
seitdem ich mich mit Röhrenradios beschäftige stelle ich mir immer wieder allgemeine Fragen bzgl. einiger Gegebenheiten rund um das Röhrenradio. Selbst mit Hilfe des Netzes konnte ich kaum Antworten finden.

Frage A:
Warum hat es Allstromempfänger noch bis in die 50er Jahre gegeben ?
Gab es nach dem Krieg noch Gleichstromnetze in Deutschland ?
Im Netz konnte ich leider keine Informationen zu diesem Thema finden.

Frage B:
Warum wurde bei den Röhrenradios der AM Empfang noch solange hochgehalten.
Seit Einführung des UKW Netzes wurde AM doch nur noch von einer kleinen Minderheit gehört.

Frage C:
Was hat man sich bei den unsinnigen Seitenlautsprechern in den Radios gedacht ?
Angeblich wollte man eine Art Raumklang erzeugen. Meiner Meinung stellt sich bei den mir bekannten Geräten kein Raumklang ein.

Frage D:
Warum hat man das Thema Plattenspieler und Phonoeingang selbst bei hochwertigen Röhrenradios/Truhen so stiefmütterlich behandelt ?
Bereits in den 50ern und 60ern gab es hervorragend klingende Stereo- und Monoschallplatten (z.B. die Musik von Bert Kaempfert).

Frage E:
Viele Röhrenradios aus dem Ostblock hatten auch in den 60ern noch einen Röhrengleichrichter verbaut.
Gab es im Osten keine Selengleichrichter ?

Frage F:
Im Gegensatz zur späteren Transistortechnik wurden in den Radios der 50er und 60er praktisch immer die gleichen Röhren verbaut.
Mit ca.10 Typen kann man wahrscheinlich 90% aller Radios abdecken.
Hat man nicht versucht mit neuen Schaltungskonzepten und Röhrentypen die Geräte weiter zu entwickeln (z.B. höhere Ausgangsleistungen) ?

Frage G:
Warum wurden Anzeigeröhren anstelle von Zeigerinstrumenten verwendet ?
Sogar die UKW Stereoanzeige in den 60igern wurde oftmals mit einer Röhre anstelle einer einfachen Lampe realisiert.


Gruß Johannes
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Ebi96
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Re: Röhrenradio und Technik: Allgemeine Fragen

Beitrag von Ebi96 »

Moin Johannes,

ich versuche mal Deine Fragen zu beantworten:

A:
Mir sind in einigen Städten des Ruhrgebiets (Bsp. Düsseldorf) Gleichstromnetze bis in die 60er Jahre hinein bekannt.
Der jüngste mir bekannte Allstromempfänger ist ein Philips von 1963.

B:
Vergleiche es mal mit dem Wandel vom analogen zum digitalen Rundfunk. Seit den 90ern gibt es digitalen Rundfunk. jetzt, ca. 20 Jahre später ist UKW immer noch Standard, bzw. so ziemlich jeder hat es (noch).
Ähnlich war es bei AM. Meine Eltern haben noch bis weit in die 80er fast ausnahmslos MW gehört. Erst als in den 90ern private Rundfunksender (bei uns beispielsweise FFN) anfingen auf UKW zu senden, wurde in Richtung UKW gewechselt.
Unser jüngstes im Betrieb befindliches Radio ist übrigens die HiFi Anlage im Wohnzimmer, aus den frühen 90ern.

C:
Entweder sind Deine Seitenlautsprecher defekt, oder Du solltest Dein Gehör schärfen (nicht böse gemeint).
Ich höre diesen Effekt bei allen meinen Geräten, die den "3D-Klang" haben. Mal mehr, mal weniger. Das kommt auf die verbauten Lautsprecher, der Schallwand, und der Richtung in die sie straheln an. Und nicht zuletzt von der Postion des Radios im Raum. Steht das Radio eng (weniger als 5cm Abstand) zwischen anderen Radios, so kann ich den 3D-Klang auch nicht mehr hörfen!
Falls Du ein Radio besitzt, bei dem Du den 3D-Klang und somit die Seitenlautsprecher separat dazuschalten kannst, so probiere das mal aus. Du solltest einen Unterschied hören!

D:
Das kann ich Dir leider nicht beantworten.

E:
Auch im Osten gab es Selengleichrichter. Und das auch schon viel früher. In meinem EAK von 1950 ist auch ein Selengleichrichter verbaut. Weshalb aber wohl dennoch der Röhren-GL in der DDR favourisiert wurde, können Dir andere besser sagen.

F:
Immer die gleichen Röhren.. hmm, das halte ich jetzt für sehr fragwürdig.
Es gab doch je nach Aufgabe der Röhre ziemlich viele Entwicklungen. Klar, ECC 85, ECH 81, EF 89, EABC 80, EL 84 die waren jahrelang quasi "gesetzt". Allerdings hat man dann auch Geräte die eigentlich immer nach dem selben Schema aufgebaut sind. Mit anderen Endstufen, meheren ZF-Stufen, automatischer Scharfstellung, Motorsuchlauf, Senderspeicher.. da gab es dann doch schon allerhand Röhren.
Es kommt halt auch darauf an, was für geräte Du bisher hast. Wenn Du ein Gerät von 1951 neben eines aus 1958 stellst, wird höchstwahrschenlich nicht eine einzige Röhre identisch sein. Das ist doch schon Entwicklung, oder nicht?

G:
Das wüsste ich auch gern. Rein technisch hätte es doch sicher möglich sein müssen.
Aber das ein :mauge: einem Zeigerinstrument optisch überlegen ist, daran besteht aus meiner Sicht keinerlei Zweifel.. :D

mfg Tm
Zum guten Ton gehören Röhren - sprach das Radio, und der Transistor verschwand
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Re: Röhrenradio und Technik: Allgemeine Fragen

Beitrag von yehti »

Moin!
Zu F:
Sicher gab es in den 60ern noch Röhrenentwicklungen.
Nur: im Bereich der Unterhaltungselektronik war schon abzusehen, daß der Transistor die Röhre eher früher als später ablösen würde.
Die letzten Röhrenentwicklungen im Bereich Audio waren meines Wissens die ECL86, EBF89, ELL80, ECLL800, EMM803 und EL503.
Außer der EMM und der EL alles Röhren, um einen Empfänger billiger zu bauen.
Zu G:
Eine Glühlampe braucht Leistung, also Strom.
Das können Röhren nicht so gut.
Gruß Gerrit
Binser
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Re: Röhrenradio und Technik: Allgemeine Fragen

Beitrag von Binser »

Hallo Johannes,

interessante Fragen... Mal, sehen, wie viele Meinungen es dazu gibt.

A)
Als Bewohner dieser eher ländlichen Region kann ich Dir sagen, dass Teile des Bayerischen Waldes erst 1956 (!) überhaupt "Elektrizität" bekamen. Wechselstromnetze gab es vor allem in industrialisierten Gegenden und Ballungsräumen, welche zentral versorgt wurden. Ländliche Regionen wurden oft noch lange nach dem Krieg von örtlichen Kleinkraftwerken vor allem aus Wassermühlen etc. versorgt. Diese lieferten meist Gleichstrom, da mit einfachen Mitteln keine konstante Netzfrequenz erzeugt werden konnte und Hochspannungstransformation aufgrund der geringen Kabellängen unnötig war. Mein Urgroßvater war einer der letzten Betreiber eines solchen Kraftwerkes einer kleinen Flußstaustufe bis etwa 1955. Die Anzahl der Allstromgeräte nimmt in den Katalogen ab 1950 rapide ab. Ausgephast wurden sie etwa um 1956/57, beispielsweise mit den GRUNDIG Geräten 2055 W/3D oder 5040W/3D, welche auch heute nur noch schwer zu finden sind. Noch schneller sank die Zahl der Batteriegeräte (keine Koffergeräte sondern Tischradios), welche schon ab 1953 fast nicht mehr zu finden waren. Die letzten baute WEGA, glaube ich...

B)
Nö. Mit UKW wurden anfangs nur die Gebiete flächendeckend versorgt, welche aufgrund der geringeren AM-Sendeleistung nach dem Kopenhagener Wellenplan keinen ausreichenden Empfang mehr hatten. Für den Bayerischen Rundfunk z.B. der Sender "Brotjackelriegel" für die Region Bayerischer Wald (ja, wieder der...), welche durch geographische Gegebenheiten benachteiligt ist. Der Ausbau des Netzes im restlichen Deutschland ging bis gut Mitte der 50er, wenn nicht sogar länger. UKW war nur "Ausweichwelle", da sie ja auch Nachteile hat (geringere Ausbreitung und Reichweite etc.). Richtig hingegen ist, dass empfängerseitig ab 1955 keine wesentlichen Verbesserungen und neue Konzepte des AM-Rundfunks entwickelt wurden. Der Höhepunkt war wohl AM-seitig mit der GRUNDIG Serie 5040 und 5050 erreicht, danach kam nichts mehr.

C)
Marketing...

D)
Das hängt vom Hersteller ab. SABA hat bereits 1952 Eingänge mit Phonoentzerrer gebaut. War das nicht ab dem Bodensee W3? Vermutlich war die Nachfrage nicht sehr groß. Viele Besitzer eines Plattenspielers oder eines Musikschranken hatten gerade mal eine handvoll Platten. Eine für Weihnachten, eine für Fasching... Für HiFi-Freaks gab es andere Geräte... z.B. den KLEIN & HUMMEL Telewatt Ultra Verstärker, mit schaltbaren Entzerrerkennlinien etc.

E)
Kostengründe. Ein Selengleichrichter war wesentlich teurer als eine Röhre. Wenn's sparsam hergehen musste, wurden Röhren verbaut. Selbst bei KÖRTING zu den NECKERMANN-Zeiten wurde im Royal Syntektor die olle AZ11 verbaut. Weil billig...

F)
Es war quasi alles entwickelt und ein Standard hatte sich herauskristallisiert. Warum viel Geld in unnötige Entwicklungen stecken, die der Markt nicht verlangt? Die letzte große Errungenschaft im Empfängerbau war die Röhre ECL86, die billigere NF-Stufen gestattete und Röhren einsparte. Boliden, wie der GRUNDIG RT50 gingen am Markt vorbei. Höhere Ausgangsleitungen waren irgendwie kein Werbeargument.

G)
Zeigerinstrumente brauchen eine Treiberstufe zur korrekten Ansteuerung. Das kostet Geld...

Grüße,

Jörg
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holger66
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Re: Röhrenradio und Technik: Allgemeine Fragen

Beitrag von holger66 »

Jörg´s Antwort ist schon sehr gut, bis auf Punkt C.

Marketing OK, man brauchte ja auch mal ein Argument, um wieder neue Empfängergenerationen an den Mann zu bringen, schon klar. Aber viele 3D-Geräte haben einen dermaßen frappierenden Raumklang, daß man sie gar nicht mehr mit den früheren Geräten vergleichen kann. Ich sage mal ein paar Beispiele: LO Hellas 841W, mit der 3D-Taste geht die Sonne auf. Telefunken Opus 6 und 7, Grundig 3045W/3D, Philips Saturn 653, Sternradio Sonneberg Erfurt 2. Wenn man diese Geräte günstig plaziert (Raumecke), merkt man sehr genau, worum es den Entwicklern damals gegangen ist.

Und Röhrenbestückungen: die Kombination ECC85-ECH81-EF89-EABC80-EL84-EM80/84 war damals ungefähr das, was dem Autofahrer heute der 1,6-Liter-Benzinmotor ist. Durchentwickelt, in diversen Variationen zu haben, aber im Grunde immer mit sehr ähnlichen Leistungen ausgestattet. Eine Brot-und Butter-Konstruktion, die den normalen Bedarf voll befriedigte und deshalb auch eine halbe Ewigkeit gefertigt wurde. Klar, wer mehr wollte, bekam auch mehr, bis hin zum "Zwölfzylinder" Grundig 5010 mit 2*EL12. Zum Ende gab es aber auch solche Konstruktionen wie den 16-Ventil-Doppelnocker mit variabler Ansauggeometrie, Doppelzündung und Biturbo. Das gab mehr Leistung, hielt aber nicht lange. Ich meine Dinge wie ECL86, ELL80 und ECLL800, die sind allesamt nicht empfehlenswert. Wenn man die nach dem Kriege im Radiobereich in größeren Stückzahlen verwendeten Röhrentypen mal zusammenzählen würde, käme man nach meiner Schätzung auf ca 40 bis 50 Stück.

H.
UKW: Wehe, wehe, wenn ich auf das Ende sehe.....
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paulchen
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Re: Röhrenradio und Technik: Allgemeine Fragen

Beitrag von paulchen »

Da hier bei
"C"
doch gegenläufige Meinungen /Wissen herschen mal zum nachlesen, was damals zu dem Thema so passierte.
http://www.radiomuseum.org/forum/blaupu ... richt.html
Wichtig dazu der Link. Für mich der beste Beitrag dazu im Netz.
Was hat man sich bei den unsinnigen Seitenlautsprechern in den Radios gedacht ?
Angeblich wollte man eine Art Raumklang erzeugen. Meiner Meinung stellt sich bei den mir bekannten Geräten kein Raumklang ein.
Erzähl uns doch dazu mal bitte, wo Du solche Dinge her nimmst? Um welche Radios geht es dabei speziell?

Zu "G".
Von dem Gesagten mal abgesehen, ein Instrument hat auch damals schon Geld gekostet. Richtig Geld. Was lag da näher, ein vorhandenes System um eine Kleinigkeit zu erweitern und zu nutzen (EMM803). Die gewählte Variante mit zusätzlichen Fenster war um einiges preiswerter als eine extra Stufe mit Ansteuerung, Lämpchen oder sogar extra Instrument.

paulchen
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Re: Röhrenradio und Technik: Allgemeine Fragen

Beitrag von rettigsmerb »

Auch nochmal zu G:

Dass eine Feldstärkeanzeige mit einem kleinen Drehspulinstrument sehr leicht möglich ist, habe ich in meinem Selbstbauprojekt bewiesen. Hier wird schlicht und einfach der Anodenstrom der ersten ZF-Röhre angezeigt, der abhängig von der AVR (AGC) Spannung ist. Vorteil: Keine zusätzliche Röhre, die Heiz- und Anodenstrom benötigt, sehr viel weniger Bauteile. Das spart doch eigentlich Kosten, oder? Der Haken an der Sache: Es ist rein passiv, leuchtet also nicht so schön, wie die Leute es seit der Einführung des Magischen Auges kannten. Das könnte man wiederum durch eine trickreiche Schattenzeigertechnik mit Hintergrundbeleuchtung ausgleichen, was an verschiedenen Radiomodellen sogar gemacht wurde. Nur daraus ergibt sich wiederum ein größerer (mechanischer) Aufwand, der die Sache wieder teurer macht, als ein MA ein zu bauen. Zwickmühlensituation... :Schulterzuck:
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6TH8
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Re: Röhrenradio und Technik: Allgemeine Fragen

Beitrag von 6TH8 »

A: Das ist insbesondere auch eine Kosten- wie auch Platz- und Gewichtsfrage, da Allstromempfänger keinen Netztrafo haben. Die Allstromschaltung war fast schon Standard in der Philetta- Klasse.

B: So klein war die Minderheit gar nicht, die noch AM hörte. In Gegenden, wo man auf AM Radio Luxemburg, AFN, englische und niederländische Piratensender empfangen konnte, wurden diese als wohltuende Alternative zu den damals noch ausschließlich öffentlich-rechtlichen schnarchigen deutschen Rundfunksender geschätzt.
In der DDR ermöglichten die AM- Bereiche den Empfang fast aller West- Sender, umgekehrt waren u. A. die aus der DDR gesendeten Programme des „Deutschen Freiheitssender 904“ und des „Deutschen Soldatensender“ im Westen interessante Alternativen.
Darüber hinaus konnte man auf Kurz- und Mittelwelle eine ganze Reihe von Auslandssendern in deutscher Sprache hören, wie BBC London, RFI Paris, Schweden, Polen, CSSR, Moskau, Ungarn, Rumänien usw. hören, z. T. auch heute noch.
Lieber „coole“ Programme auf AM als gähnende Langeweile auf FM in allerbestem HiFi- Stereo.

E: Gleichrichterröhren kosten nicht nur weniger, auch ihr Spannungsabfall ist geringer als der von Selengleichrichtern. EZ80, UY85, etc. ziehe ich eindeutig diesen Selen-Stinkern vor.

F: Anzeigeröhren waren die kostengünstigste Lösung. Allerdings war vor der EM84 die Lebensdauer dieser Röhren meistens sehr begrenzt.
Die Sockel sind schon an den Röhren !
achim1
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Re: Röhrenradio und Technik: Allgemeine Fragen

Beitrag von achim1 »

Es können ja auch psychologische Gründe vorgelegen haben. Dieser Standardröhrensatz war hervorragend ausentwickelt.
Gut vorstellbar, dass 10 Jahre nach dem Krieg der Wunsch nach Konstanz vorherrschte. Warum was anderes entwickeln wenn das Existierende doch zur völligen Zufriedenheit funktionierte?
Ich persönlich könnte heute getrost auf 90% aller "Neuentwicklungen" verzichten, weil sie nur Umstände, Ärger und unnötigen Zeitaufwand mit sich bringen.

Mehr Ausgangsleistung? Wozu? In den 50ern wohnte man noch auf engem Raum und die Lautstärke selbst eines Kleinradios wie einer Philetta reicht mir auch in meinem Einfamilenhaus völlig aus.

Das MA war vielleicht einfach schöner anzusehen oder entsprach schlicht dem Zeitgeschmack.

In 50 Jahren wird man sich vielleicht fragen, warum die Jugendlichen unserer Zeit im Sommer mit Schlumpfmützen auf dem Kopf rumlaufen, sich Schnuller in die Ohren stecken und in der Kneipe ihr Bier aus Flaschen trinken.

Nicht auf alle Fragen gibt eine rationale Antwort...

Gruß,
Achim
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Re: Röhrenradio und Technik: Allgemeine Fragen

Beitrag von Hennes »

achim1 hat geschrieben:In 50 Jahren wird man sich vielleicht fragen, warum die Jugendlichen unserer Zeit im Sommer mit Schlumpfmützen auf dem Kopf rumlaufen, sich Schnuller in die Ohren stecken und in der Kneipe ihr Bier aus Flaschen trinken.

Nicht auf alle Fragen gibt eine rationale Antwort...

Gruß,
Achim
Hallo Achim,

diese Fragen stelle ich mir heute noch! :roll:
Freundliche Grüße
und
guten Empfang
Hennes

Guten Empfang gibt es nur mit genügend Lötzinn auf der Rolle!

https://www.radiohennes.de/
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Re: Röhrenradio und Technik: Allgemeine Fragen

Beitrag von 8bitrisc »

Hallo zusammen,
vielen Dank für eure Antworten und Mühe. Insgesamt alles sehr interessant zu lesen und man hat wieder was dazugelernt.

zu A:
Das hätte ich nicht gedacht, daß es in der BRD in den 50igern noch Gegenden ohne Strom und bis in die 60er Gleichstromnetze gab.

zu B:
AM Empfang wurde wohl intensiver genutzt als gedacht.

zu C:
Mit gefällt der Klang bei meinem Loewe Opta Magnet 1735W und AEG Tambour 62 Stereo nicht. Natürlich kann man Unterschiede hören, wenn man die Seitenlautsprecher aktiviert. Ich werde mal mit der Aufstellung der Radios experimentieren. Das die Seitenlautsprecher natürlich nicht direkt neben einer Wand stehen versteht sich von selbst.

zu D:
Zumindest bei den Spitzenmodellen (auch Konzertschränke) hätte man einen RIAA Entzerrer für Magnetsystem am Phonoeingang und einen großen Plattenteller erwarten können.

zu E:
Mir ist bei meinem aus den 60igern stammenden REMA2003 der Röhrengleichrichter aufgefallen. Als ich dann im Internet suchen ging, stellte ich fest daß viele Ost Modelle Röhrengleichrichter hatten.

zu F:
ich meine hier die Röhrenradios ab ca. 1953 bis zum Ende der Röhrenzeit.
50er Jahre Standard = ECC85 - ECH81 - EF89 - EABC80 - EM80/84 - EL84
60er Jahre Standard = ECC85 - ECH81 - EAF801 - EM84/87 - ECL86
Die ein- oder andere Röhre kann man natürlich hinzufügen (z.B. ECC83, ELL80, ECLL800).
Mir ging es in erster Linie um die Standardklasse. Ich hätte mich etwas klarer ausdrücken sollen.

zu G:
Hier sprechen sicherlich Werbeargumente für ein magisches Auge oder Band. Desweiteren fördert ein gewisser Verschleiß der Röhren auch den Verkauf von entsprechenden Ersatz. :D

Gruß Johannes
achim1
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Re: Röhrenradio und Technik: Allgemeine Fragen

Beitrag von achim1 »

meines Wissens kamen Magnetsysteme die eine Entzerrung erforderlich machten erst wesentlich später. Bis in die 70er hinein waren Kristall-bzw. Keramiksysteme eigentlich Standard - zumindest bei der breiten Masse.

Gruß,
Achim
klausw
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Re: Röhrenradio und Technik: Allgemeine Fragen

Beitrag von klausw »

@johannes

Dass die Anzeigeröhren schöner anzusehen sind, als Zeigerinstrumente ist ja schon beschrieben worden. Tatsächlich ist es aber so, dass es "Feldstärke"anzeigeinstrumente schon in den 30er Jahren gab, vor den Magischen Augen. Etwa im TEFAG 308 von 1935 oder bei RADIONE. Parallel gab es natürlich auch Lösungen mit Glimmanzeige.
Dabei spielte bei der Ausrüstung von späten Röhrengeräten mit Magischem Auge / Fächer / Band m.E. vielleicht noch gar nicht mal der Gedanke des umsatzfördernden Ersatzes eine wirkliche Rolle. Wenn wir ehrlich sind, finden wir heute nur wenige Restaurierungsobjekte, in deren aktiven Leben mal ein :mauge: ersetzt wurde.

Gleichstromnetze, das darf man noch ergänzen, hielten sich auch relativ lange in manch kleineren Städten mit Straßenbahnnetz.

Was die Seitenlautsprecher anbelangt: da darf ich Dir insoweit beipflichten, als dies bei manchen Geräten wirklich hanebüchen klingt.
Aber da gibt's massive Unterschiede. Ich stehe den Dinger auch grundsätzlich mit einer gewissen Skepsis gegenüber und sehe auch keinen echten Nutzen, wenn diese Dinger als Elektrostaten ausgeführt sind (Funktion natürlich gegeben), aber derzeit habe ich einen QUELLE-Super von 1957 im Wohnzimmer, bei dem dies wirklich gut klingt (allerdings sind das 2 Pdyn-Seitenlautsprecher, die perfekt mit dem Hauptlautsprecher harmonieren): Da kämen selbst Jazz-Fans auf ihre Kosten.
http://www.radiomuseum.org/r/quelle_sim ... reitf.html

k.

k. steht für klaus

Kenntnisse kann jeder haben, aber die Kunst zu denken ist das seltene Geschenk der Natur.
(Friedrich II.)
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Re: Röhrenradio und Technik: Allgemeine Fragen

Beitrag von 8bitrisc »

Was die Seitenlautsprecher anbelangt: da darf ich Dir insoweit beipflichten, als dies bei manchen Geräten wirklich hanebüchen klingt.
Mal sehen, was mein Tannhäuser E330 diesbzgl. so bringt. Das Radio wird in nächster Zeit von mir restauriert.
meines Wissens kamen Magnetsysteme die eine Entzerrung erforderlich machten erst wesentlich später.
In den 50igern gab es wohl nur von Thorens richtig gute Plattenspieler (TD124 und Derivate). Dann kamen wohl ELAC und Perpetuum Ebner. Dual hat erst recht spät das Ruder übernommen. Magnetsysteme gab es ca. ab 1958.
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Re: Röhrenradio und Technik: Allgemeine Fragen

Beitrag von Hennes »

8bitrisc hat geschrieben:Frage C:
Was hat man sich bei den unsinnigen Seitenlautsprechern in den Radios gedacht ?
Angeblich wollte man eine Art Raumklang erzeugen. Meiner Meinung stellt sich bei den mir bekannten Geräten kein Raumklang ein.

Gruß Johannes
Hallo Johannes,

nicht das Du ein Radio hast wie mein erstes, da sind die Seitengitter nur Atrappe.

http://www.radiomuseum.org/r/wega_202_phono.html
Freundliche Grüße
und
guten Empfang
Hennes

Guten Empfang gibt es nur mit genügend Lötzinn auf der Rolle!

https://www.radiohennes.de/