Umbau eines Telefunken512WL (Bj'35) auf 2*Doppeltriode 5HC7

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HVR4000er
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Umbau eines Telefunken512WL (Bj'35) auf 2*Doppeltriode 5HC7

Beitrag von HVR4000er »

Hallo alle miteinander!

Ursprünglich wollte ich mir einen Volksempfänger zulegen, um eine eigene kleine Röhrenschaltung darin zu verwirklichen. Da aber kurioserweise die Volksempfänger gerade einen doppelt so hohen Kurs wie andere (damals hochwertigeren) 30er-Jahre-Radios haben, schoß ich einen Telefunken 512WL, der technisch eng verwandt mit dem VE301W Dyn ist. Als Extra gegenüber dem 301 dyn hatte der 512WL eingebaute Sperrkreise (LW und MW) mit 3 Kopplungsstufen und einen Tonabnehmer-Eingang, einen Tonblenden-Schalter und automatische Lichtantenne (Antennenstecker raus, Netzphase wird als Antenne genommen).

Was ich möchte:

Ich möchte keine Restauration, da ich keine Lust auf den Zwang zu 80 Jahre alten Originalbauteilen mit dutzenden sporadischen Fehlerquellen habe, sowie gebrauchte Originalröhren für 30 Euro das Stück. Also komplette Entkernung des Gerätes. Nur Drehko, Spulensatz und Wellenschalter bleiben.
Das Gerät soll wirtschaftlich, zuverlässig und sicher zu betreiben sein, also nagelneue Bauteile, billige und neuwertige Röhrentypen und neuer Netztrafo.
Das grundsätzliche Empfangsprinzip des Gerätes soll beibehalten werden, Enkreiser mit Rückkopplung, 0V1.

Nachdem ich wochenlang bei Jan Wüstens und Pollin stöberte, schoß ich 6 Stück 5HC7. Das sind Compactron-Doppeltrioden mit 2 sehr unterschiedlichen Systemen in einem Glaskolben.
Mir hat die gedrungene Stahlröhren-ähnliche Form der Röhren gleich gefallen. Der Getterspiegel ist seitlich so daß nach oben die Kathodenröhrchen hell herausleuchten.
Wenn die Katode glüht, freut sich das Gemüt. Dietrich Drahtlos
Die Heizspannung beträgt 5,6V so daß man übliche 6V Printtrafos verwenden kann.

Das high-µ-System eignet sich für das Audion, das low-µ-System als Lautsprecherröhre. Da die Verstärkungsreserve von 2 Trioden zu niedrig ist, verwende ich 2 dieser Röhren, wobei beim Audionteil die beiden Kleinsignaltrioden ein Cascoden-Audion bilden (populär für Kurzwelle in den 50ern/60ern), und die beiden Hochstrom-Trioden bilden eine SRPP-Endstufe ähnlich wie bei den eisenlosen Philips-Endstufen mit den EL86. Nur daß ich natürlich einen 100V-Übertrager und einen 8Ohm-Lautsprecher verwende, was ein hartaufgehängter PA-Typ mit 95dB/1W/1m sein wird damit so richtig die Post abgeht. Der originale elektrodynamische Lsp. hat übrigens Schwingspulenunterbrechung.

Netzteil:
Für den Netzteil verwende ich wahrscheinlich einen 30VA Trenntrafo und eine relativ günstige antike UY4. (ich habe lange mit mir gerungen ob ich Halbleiter im Netzteil erlauben soll -> nein) Deren Heizstrom (+ 2 Skalenlampen in Reihe) kann ich von der 115V-Anzapfung mit Vorkondensator abgreifen, wenn der Trafo die kapazitive Blindleistung nicht übel nimmt. Ansonsten geht ein 18+18V-4VA Trafo, aber 2 Heiztrafos im Gerät sind mir etwas zu viel.
Zu den Doppeltrioden: Damit die Spannungsfestigkeit Faden-Katode nicht auf die Probe gestellt wird, verwende ich von vornherein einen Heiztrafo mit 2 getrennten 6V Wicklungen. Eine Doppeltriode beherbergt die oberen beiden Trioden, die andere die unteren. Somit können sie potentialgetrennt beheizt werden, und die obere Endröhre muß zwischen Faden-Kathode nur den NF-Spannungshub von einigen 10V aushalten, da auch der obere Heizkreis über einen Symmetrierpoti und einen kleinen Kondensator NF-mäßig auf Masse gelegt wird.

Endstufe:
Damit eine SRPP-Stufe wirklich im Gegentakt arbeitet, muß der obere Katodenwiderstand in einem optimalen Verhältnis zum Lastwiderstand stehen, denn der Laststrom steuert die obere Röhre. Damit der statische Arbeitspunkt davon nicht beeinflußt wird, habe ich einfach eine variable NF-Katodenkopplung via Poti und Kondensator eingefügt. Der arbeitspunktbestimmende Katodenwiderstand von 56 Ohm ist mit Sicherheit zu gering. Abgeglichen wird nach Gehör nach maximaler Lautstärke und bestem Klang.
Diese SRPP-Endstufe soll übrigens keinen Hifi-Ansprüchen genügen sondern maximale Verstärkungsreserve bieten, daher ist der untere Katodenwiderstand NF-mäßig überbrückt, wie bei Philips-Eisenlos.

So, jetzt zum Schaltungsentwurf. Die Bauelemente dimensioniere ich später. Der geübte Dampradiofreak kennt die ungefähre Größe der üblichen Verdächtigen schon ungefähr.
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Re: Umbau eines Telefunken512WL (Bj'35) auf 2*Doppeltriode 5

Beitrag von saarfranzose »

nichts gegen deinen Selbstbau. Eine tolle Sache so was zu entwickeln.

Das allerdings ein vollständig erhaltener 512WL dran glauben muss ist bedauernswert. Ich baue zwar auch schon mal seltsame Gebilde zusammen, aber dann aus Schlachtteilen.

Ich hab den 713WS mit ähnlicher Schaltung. Der ist alltagstauglich gemacht ohne manipulierte Originalschaltung und gibt mir alles was ich auf diesen Wellenbereichen erwarte.
Gruß,
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Re: Umbau eines Telefunken512WL (Bj'35) auf 2*Doppeltriode 5

Beitrag von HVR4000er »

Das allerdings ein vollständig erhaltener 512WL dran glauben muss ist bedauernswert.
Hallo Saarfranzose! Weißt du, der Witz ist ja, hier im Forum gibt es Berichte von noch viel übleren und irreparablen Verbastelungen von Volksempfängern. Auf den leisesten Einwand wird sehr böse reagiert, daher schweige ich dazu.
vollständig erhaltener 512WL dran glauben
"Dran glauben" ist relativ. Das Gerät war nicht mehr betriebsbereit, ein Teil der Kondensatoren war aufgeplatzt, Lsp. Schwingspulenunterbrechung. Das sind nur die Fehler die ich wahrgenommen habe, ich habe nicht weiter gesucht.

Mein Umbau verhindert ja keinen späteren Rückbau auf den Originalzustand (fotografisch dokumentiert). Im Gegenteil: Durch meine Entkernung animiere ich einen späteren Restaurator, jedes zeitgenössische Bauteil in die Hand zu nehmen und auf Brauchbarkeit zu vermessen, wodurch der Weg frei wird für ein lange zuverlässig funktionierendes Museumsgerät.
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Re: Umbau eines Telefunken512WL (Bj'35) auf 2*Doppeltriode 5

Beitrag von klausw »

Interessantes Projekt. Ich sage grundsätzlich,
Erlaubt ist, was gefällt.

Vor allem, wenn, wie hier dargelegt, Umbauten reversibel gestaltet werden.

Freue mich schon weitere Projektfortschrittsberichte.

k.

p.s.: Hätte ich das machen wollen, so hätte ich bei Röhren wahrscheinlich an "Fernseh"röhren (PF, PL, PCL, PFL...) gedacht.

k. steht für klaus

Kenntnisse kann jeder haben, aber die Kunst zu denken ist das seltene Geschenk der Natur.
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Re: Umbau eines Telefunken512WL (Bj'35) auf 2*Doppeltriode 5

Beitrag von HVR4000er »

Aus mehreren Gründen bin ich von der Kaskode+SRPP-Schaltung mit 2 5HC7 abgekommen, obwohl sie mir immer noch sehr gefällt.

Zum einen ist das Schaltungskonzept einfach zu modern für einen 30er Jahre Empfänger. Zweitens sehen die kleinen 5HC7 zu verloren auf dem Radiochassis aus. Drittens ist bei der SRPP-Stufe nur eine geringe Verstärkung zu erwarten. Man könnte sie zwar auch als Kaskode schalten, hat dann aber nur noch die halbe Ausgangsleistung (max. 0,5W) und braucht einen Eintakt-Übertrager mit 10kOhm Impedanz. Viertens ist eben die Gefahr eines Katode-Faden-Durchschlags für die oberen Röhren nicht ganz aus der Welt.
Pentode und Reflexprinzip atmen den Geist der 1930er Jahre. Sowas mußte also her.

Angeregt von diesem Konzept möchte ich nun auch die russische Universal-Endröhre 4P1L als Hauptdarstellerin verwenden, habe die Schaltung aber noch nach meinem Geschmack verbessert. Mit Hilfe der 5HC7 als Co-Röhre habe ich sogar eine kleine Raffinesse eingebaut, die ich gleich erklären möchte.


Bei diesem Reflexempfänger bildet L1 den HF-Arbeitswiderstand, C2 legt deren oberes Ende HF-mäßig auf Masse. C4 ist der Koppelkondensator für die verstärkte HF und bildet gleichzeitig mit L2 ein Hochpaß, da auf keinen Fall NF in diesen Pfad gelangen darf.
Jetzt die erste Besonderheit: Die 5HC7 ist als "forcierter" Anodengleichrichter (Steilaudion, Richtverstärker) geschaltet. Das geschieht folgendermaßen: Die eigentliche Gleichrichtung findet bereits außerhalb der Triode 5HC7(2) statt, indem negative HF-Halbwellen durch die als Diode geschaltene 5HC7(1) kurzgeschlossen werden. Dadurch kann der Arbeitspunkt der 5HC7(2) aus dem gekrümmten Bereich weg mehr in Richtung A-Betrieb gelegt werden, wodurch die Verzerrungen bei hohem Modulationsgrad erheblich reduziert werden.
C4 bildet mit der Diode 5HC7(1) auch eine Einpuls-Spannungsverdoppler-Schaltung ohne Siebung.
Die Triode 5HC7(2) bekommt somit - wie bei der normalen Anodengleichrichtung - auch den Gleichspannungsanteil des empfangenen HF-Signals zugeführt. Deren Arbeitspunkt ist also gleitend.

Und jetzt kommen wir zur eigentlichen Raffinesse der Schaltung. Wie man sieht, wird die Schirmgitterspannung der 4P1L dem Vorstufen-Siebglied R6/CE entnommen. Da der mittlere Anodenstrom der Triode sich signalstärkeabhängig durchaus um 100% erhöhen kann, bricht deren Anodenspannung und somit die Schirmgitterspannung der 4P1L wegen des Spannungsabfalls über dem Siebwiderstand R6 bei starkem Signal um einige 10% ein. Wir haben es hier also mit einer automatischen Verstärkungsregelung über das Schirmgitter zu tun.

Die angenehmste Folge wird ein weicher Schwingungseinsatz der Rückkopplung sein (die hier noch nicht eingezeichnet ist da ich noch nachschauen muß ob sich die Rückkopplungsspulen des 512WL leicht umpolen lassen, dann gibts eine ECO-Rückkopplung)

Ein Vorteil der 4P1L ist auch, daß man einen preiswerten EL84-Eintakt-Ausgangsübertrager verwenden kann.

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