Emud "Cherie" vom Flohmarkt

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Für Einsteiger: Erste Inbetriebnahme eines Röhrenradios
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SABA78
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Emud "Cherie" vom Flohmarkt

Beitrag von SABA78 »

Gestern bei der Radiobörse in Bad Dürkheim konnte ich einfach nicht an diesem Emud Cherie vorbeigehen.
Für 15€ konnte ich es mitnehmen.
EMUD - Cherie 20160515 155343 1597 310kB 1000.jpg
Das Emud Cherie ist ein Radio der untersten Preisklasse aus den frühsten 50er Jahren. Laut RM-Org kostete das Radio 1951-52 um 50 DM. Wer nur Ortssender auf Mittelwelle oder Langwelle hören wollte, dürfte mit diesem Radio gerade zufrieden gewesen sein.
Mein Exemplar ist die spätere Variante. Sie besitzt im Unterschied zum sonst wohl baugleichen Vorgänger noch einen Sperrkreis, der einfach von innen auf die Rückwand geschraubt ist und von außen durch einen Drehknopf eingestellt werden kann. Diese Variante kostete damals um 70 DM.

Die Röhrenbestückung kann laut RM-Org vom Aufdruck auf der Rückwand abweichen. Vermutlich war das hier auch bereits ab Werk der Fall.
Das Cherie ist laut Rückwand mit einer UF6 und einer UL2 bestückt. Bei meinem steckte eine UF5 und eine UL2 drin.
EMUD - Cherie 20160515 155415 3072 2.193kB 800.jpg
Die sieben Teerkondensatoren waren schnell ersetzt, die fehlende Sicherung stellte auch kein Problem dar. Der Lautsprecher in meinem Gerät ist ein Ovaler Breitbänder. Auf den Bildern im RM sind nur Runde zu erkennen. Ob man damals einbaute, was gerade zur Verfügung stand lässt sich nicht sagen. Die Löcher für den Rundlautsprecher sind zwar in der Schallwand, aber Spuren eines anderen Lautsprechers sind nicht zu erkennen.
Der Vorwiderstand im Heizkreis hatte sich aus seiner Halterung gelöst, das war schnell zu behoben. Die Übersichtliche Schaltung war auch leicht mit dem Schaltplan zu kontrollieren und Verbastelungen konnten nicht festgestellt werden. Die Elkos von Siemens, die mir bisher immer sehr langlebig und meist noch mit ganz passablen Werten untergekommen sind, beließ ich erst einmal in der Schaltung.

Schaltungstechnisch bin ich ja, was Empfänger angeht, nicht sehr bewandert. Daher sind mir die Funktionen der Stellorgane nicht ganz klar. Einen Lautstärke-Poti gibt's nicht. Stattdessen ist ein Drehkondensator verbaut. Rechts an der Seite befindet sich ein weiterer Drehko. Einer scheint wohl für Kopplung, der andere für Rückkopplung zuständig zu sein.
Auf der Chassisrückseite befinden sich zwei Kippschalter einfacher Bauart. Einer ist der Netzschalter, der Andere der Umschalter für LW/MW.
EMUD - Cherie Schaltung.png
Nach etwas Einstellen und Experimentieren mit ca. 2m Draht konnte ich stark pfeifend den Heimsender abstimmen. Das Pfeifen war auch wegzustellen. Aber im Gegensatz zum Pfeifen war die Modulation vom Sender fast nicht zu hören. Mit keinem der Einstellorgane ließ sich daran etwas ändern. Da scheint also noch irgendwo der Wurm drin zu sein. Vielleicht ist der Empfänger aber auch einfach nicht empfindlich genug und ich müsste mal einen längeren Draht als Antenne verwenden.
So sehen halt meine ersten Versuche mit "historischer" Empfangstechnik aus :D

Das Gehäuse wurde nach der Badewannenreinigung leider sehr stumpf. Auch Polieren mit Wachsfreier Autopolitur half nicht viel.
Ein paar Durchgänge mit Ballistol und danach mit Renuvell verhalfen dem Gehäuse wieder zu akzeptablem Glanz. Neuwertige Farbtiefe erhielt es dadurch nicht. Als nächstes werde ich Wachs versuchen. Wenn das nix nutzt geht es mit Hartöl weiter. Das hat einer brauenen Philetta wieder zu hochglanz verholfen.
EMUD - Cherie 20160516 204817 3072 1.940kB B 1000.jpg
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Gruß,
Daniel


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olli0371
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Re: Emud "Cherie" vom Flohmarkt

Beitrag von olli0371 »

Hallo,

das Gerät ist ein Einkreisempfänger mit Rückkopplung. Im Prinzip eine Weiterentwicklung des Volksempfängers.
Der Lautstärkeregler ist hier auf der HF-Seite angebracht. Verwendet wird ein Differentialdrehkondensator. Man drosselt mit diesem Drehkondensator die Antennenspannung ein.
Mit der Rückkopplung werden die Verluste des Schwingkreises ausgeglichen. Dreht man die Rückkopplung zu sehr auf, fängt es an zu pfeifen.
Der Drehknopf für die Rückkopplung sollte möglichst nah an den Einsatz des Pfeifens gedreht werden - so dass es gerade nicht pfeift.

Witziges Teil.

Gruß
Oliver
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Re: Emud "Cherie" vom Flohmarkt

Beitrag von hf500 »

Moin,
so ein rueckgekoppeltes Audion darf auch nicht in den Schwingungseinsatz gebracht werden (einsetzendes Pfeifen). Dann naemlich schwingt das Audion und wirkt als Sender mit einer mehr oder weniger guten Antenne. Zu frueheren Zeiten, als Alle damit den Bezirkssender hoerten, konnte man so in ganzern Strassenzuegen dem Empfang stoeren und Beschwerden ueber schlecht/falsch bediente Einkreiser waren an der Tagesordnung.
Je nach Spulenguete und Verstaerkung des Audions ist die Empfindlichkeit so eines Audions nicht ueberragend, man kann sie eher in Millivolt angeben. Besonders VE301 und DKE38 waren gewollt unempfindlich, damit man tatsaechlich nur den Bezirkssender hereinbekam und man brauchte dafuer auch noch eine recht gute Antenne sowie Erdung.
UF6 vs UF5: Ich habe jetzt nicht nachgesehen, aber nach ueblicher Nomenklatur ist eine Kleinsignalpentode mit ungerader Typbenennung eine Regelroehre, eine mit gerader Benennung eine "lineare" Roehre. d.h. die Verstaerkung der UF5 ist von ihrer Gitterspannung abhaengig.
Beim Audion ist deren Erzeugung nicht ganz trivial, sie wird durch Gittergleichrichtung der HF erzeugt, und eigentlich muesste die Stufe mit steigender HF-Spannung unempfindlicher werden.
Wenn moeglich, die Empfindlichkeit mal mit einer UF6 gegenpruefen, auch das Datenblatt vergleichen. Gesucht ist erstmal der Wert der Steilheit.
Aus Zuverlaessigkeitsgruenden sollte der Trennkondensator der Erdbuchse ein gepruefter X2 Entstoerkondensator sein. Der Differentialdrehko im Eingang muss einwandfreie Isolation haben, er trennt ebenfalls die Netzspannung ab.

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Peter
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Re: Emud "Cherie" vom Flohmarkt

Beitrag von SABA78 »

Hallo Peter,
vielen Dank für die Informationen.

Ich betreibe das Gerät sowieso nur am Trenntrafo. Eine UF6 habe ich nicht im Fundus. Aber die Drehkos werde ich mal prüfen.
Mit Empfängern dieser Art habe ich noch keine Praxis. Das Einstellen erinnerte mich etwas an meinen Sony ICF-Pro80 mit BFO beim Empfang von SSB-Stationen.

Gruß,
Daniel
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Re: Emud "Cherie" vom Flohmarkt

Beitrag von rettigsmerb »

Dass der VE301 (alle Varianten) und der DKE eine bewusst schlechte Empfindlichkeit gehabt haben sollen, ist eine Mär, die sich hartnäckig hält. Wenn man einmal genauer nachliest, wird man erstaunt sein, zu welchen Empfangsleistungen diese Geräte in Wahrheit fähig waren. Der damaligen Regierung und deren drakonischen Strafen ist es zu verdanken, dass diese bewusste Irreführung sich bis heute hält. Das Gegenteil ist nämlich eher der Fall. Der VE wie auch der DKE sind für ihre Verhältnisse nämlich nicht gerade unempfindlich, wenn sie denn durch fachkundige Hand bedient werden.... :super: :hello: :bier:
wolters
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Re: Emud "Cherie" vom Flohmarkt

Beitrag von wolters »

Tja ein schönes Gerät wie viele aus der Zeit.
Wir trauen uns nicht so ein Gerät zu ersteigen wegen dem Asbest dass im Bakelit ist.
Machts gut!

Ich habe den Admin gebeten meinen Account zu löschen!


Alex und Ginchen
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paulchen
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Re: Emud "Cherie" vom Flohmarkt

Beitrag von paulchen »

...wegen dem Asbest dass im Bakelit ist.
Hä?

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tgrassner
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Re: Emud "Cherie" vom Flohmarkt

Beitrag von tgrassner »

Und selbst wenn, wird es durch die feste Bindung an Phenolharz niemals das Bakelit verlassen...

Also noch wirkungsloser als Homöopathie! :mrgreen:

Im Zweifel: Aluhut! :D
Grüsse aus dem Münsterland

Thorsten
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Re: Emud "Cherie" vom Flohmarkt

Beitrag von rettigsmerb »

paulchen hat geschrieben:
...wegen dem Asbest dass im Bakelit ist.
?

paulchen
Dieses Fragewort mit zwei Buchstaben ist eigentlich Hessen-spezifisch und wird ggf. noch durch ein energisches "was dann???"unterstützt... :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen:

***Duck und wech ***
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Re: Emud "Cherie" vom Flohmarkt

Beitrag von hf500 »

rettigsmerb hat geschrieben:Dass der VE301 (alle Varianten) und der DKE eine bewusst schlechte Empfindlichkeit gehabt haben sollen, ist eine Mär, die sich hartnäckig hält. Wenn man einmal genauer nachliest, wird man erstaunt sein, zu welchen Empfangsleistungen diese Geräte in Wahrheit fähig waren.
Moin,
was aber auch daran liegt, dass eine vernuenftige Antenne (die so ein Einkreiser braucht, 2m reichen da kaum) schon ziemlich viel Spannung liefert (*). Eine Empfindlichkeitstabelle zu den Gemeinschaftsgeraeten (zeitgenoessisch? von Stockhusen?) sprach da von einigen Millivolt, wo ein Super auf MW typisch so 10-20µV brauchte (bezogen auf 50mW NF, also etwa Zimmerlautstaerke).
Wenn die Antenne liefert, kann auch ein Einkreiser damit was anfangen ;-)

(*) mein erstes "Radio", das ich mir zusammenzimmerte, bestand aus dem Drehko eines Kofferradios, der Spule aus einer Tuerklingel, einer Diode und einer Telefonhoerkapsel. Zusammengenommen also extrem verlustarm ;-) und dennoch lieferte hier das Ding an 5-7m Antennendraht, im Zimmer ausgespannt und Erdung an der Zentralheizung Radio Budapest. "Hier" ist der Raum Osnabrueck. Trennschaerfe war natuerlich kaum vorhanden, die Kapsel bedaempfte den Kreis so stark, dass man mit der Abstimmung nur etwas die Lautstaerke aendern konnte.

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Peter
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Re: Emud "Cherie" vom Flohmarkt

Beitrag von klausw »

Hallo Daniel,

schöner Fang, der kleine EMUD.

Zur Röhre: ich gehe davon aus, dass die UF5 hier nicht hineingehört. Der EMUD Cherie ist kein Notgerät mehr, das Kreuzundquerverbauen dessen, was gerade tagesaktuell erhältlich war, fand hier nicht mehr statt. Zwar ist es in der Tat so, dass EMUD seine Geräte mit wechselnden Serien anbot, ich denke dann ist die Rückwand aber entsprechend bedruckt. Z.B. wurde wechselweise oft EL8 oder EL13 verwendet.
Hier dagegen haben wir, wie hf500 schon schrieb, eine Regelröhre (UF5) bzw. eine Nichtregelröhre (UF6). Ich kann mir nicht vorstellen, dass das ab Werk wechselweise verbaut wurde.

Ein konkreter Fall hatte mir mal in einem VE kurzzeitig Kopfschmerzen bereitet. Dessen Leistung war ebenfalls zu gering, die AF dort nicht mehr zweifelsfrei identifizierbar. Es handelte sich wohl um eine AF 3, statt der benötigten AF 7, also auch eine Regelröhre statt einer Nichtregelröhre im Einkreiser. Der passende Ersatz löste in diesem Fall das Problem.

Was Du sicher schon geprüft hast: auch den Wellenschalterkontakten sowie den Spulendrähten ist Aufmerksamkeit zu schenken. Ebenso den Spiraldrähten an den Drehkos.

In diesem Sinne: viel Spaß mit dem Gerät nach geglückter Reparatur.

Gruß
k.

k. steht für klaus

Kenntnisse kann jeder haben, aber die Kunst zu denken ist das seltene Geschenk der Natur.
(Friedrich II.)