(Mal wieder) ein VE301W

Fragen, Berichte und Tipps zu Reparatur und Technik.

Für Einsteiger: Erste Inbetriebnahme eines Röhrenradios
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Valvotek
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(Mal wieder) ein VE301W

Beitrag von Valvotek »

Hallo in die Runde

Ich habe nicht nachgeschaut,aber wahrscheinlich gibt es noch mehrere Dutzend weitere VEs hier,die irgendwann mal restauriert und revidiert worden
sind.
Der Volksempfänger 301 ist in der dunkelsten Epoche dieses Landes entwickelt worden,um den Rundfunk,in erster Linie die Propaganda,jedermann
zugänglich zu machen.Er wurde 1933 im August auf der Funkausstellung vorgestellt.Am ersten Tag gab es mehr als 100.000 Bestellungen.

Doch das nur am Rande.Warum ich das erwähne,wie folgt: Mir ist ein Speicherfund zugelaufen,der mit zu den ersten seiner Bauart gehört.
Ein Gerät der Firma Dr.Seibt,dessen Chefingeneur,Otto Griessing,als Konstrukteur des VE gilt.Markant: Es hat die Gerätenummer 00386.Das bedeutet wohl,
daß es sich um ein sehr frühes Exemplar rund um die Funkausstellung handeln muß.Ein Prototyp,wenn man bedenkt,daß von einer Vielzahl von Firmen mehrere
Millionen dieser Radios hergestellt worden sind.Auf dem Boden des Gehäuses befindet sich ein Datumstempel vom August 1933.

Das Typenschild:
20210807_142617_Größe ändern.jpg
Die Seriennummer ist ins Chassis gestanzt....
20210807_142638_Größe ändern.jpg
....und auch noch unter dem Kondensatorblock zu finden.
20210807_142654_Größe ändern.jpg
Zunächst habe ich die meisten Bauteile demontiert und durchgeprüft.Lautsprecher,Übertrager und Trafo sind offenbar in Ordnung,der Drehko leichtgängig,
die Käfigspule unversehrt.Nur der Blockkondensator ist aufgegangen.Sonst ist das Gerät augenscheinlich unverbastelt.Ich werde am Chassis nur Reinigungsarbeiten durchführen,den Block und die Einzelkondensatoren neu befüllen.Die Patina aus 88 Jahren darf sein.
20210731_180444_Größe ändern.jpg
20210731_180628_Größe ändern.jpg
Ziel soll es sein,das Gerät in Funktion zu bringen und möglichst nah am Originalzustand zu bleiben.Keine Gehäuse-oder Chassislackierung.
Wenn ich darüber nachdenke,was das Teil für eine individuelle Geschichte haben könnte,krieg ich fast eine Gänsehaut......
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Grüße aus dem Rheinland
Roman
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Valvotek
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Re: (Mal wieder) ein VE301W

Beitrag von Valvotek »

.....die uralten Kondensatoren haten allesamt kaum noch Kapazität.Außergewöhnlich der Aufbau:
20210807_153731_Größe ändern.jpg
Kleine Anschlußbecher auf ein Holz-oder Keramikstäbchen gepreßt,darauf eine Art Pergamentfolie doppelt,dazwischen die Metallfolie.Der Wickel wurde am Ende
mit Klebeband fixiert und mit dem Kapazitätswert bedruckt.Die Enden wurden mit weichem Wachs vergossen,der beim Befönen abtropfte.

Hier ein kleiner Kondensator mit Keramikstäbchen.
20210807_154215_Größe ändern.jpg
Der neue Inhalt:
20210814_163901_Größe ändern.jpg
Die fertigen Kondensatoren:
20210814_180314_Größe ändern.jpg
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Roman
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olli0371
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Re: (Mal wieder) ein VE301W

Beitrag von olli0371 »

Hi Roman,

Das gefällt mir. :super:

Gruß
Oliver
Nette Grüsse aus dem Ruhrgebiet.

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captain.confusion
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Re: (Mal wieder) ein VE301W

Beitrag von captain.confusion »

Hallo Roman,

mir gefällt diese Patina-Restauration.
Noch ein Hinweis: Prüfe die Widerstände, die sind gerne hochohmig geworden.

Viele Grüße
Frank
Viele Grüße aus der Pfalz!

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Valvotek
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Re: (Mal wieder) ein VE301W

Beitrag von Valvotek »

Hallo Frank

Die Widerstände habe ich mit als erstes geprüft.Einzig der 700 Ohm Widerstand fiel mit einem Wert über dem Meßbereich aus dem Rahmen.
Aber auch die Widerstände lassen sich aufgrund Ihres Aufbaus "tarnen".Ich habe aber auch noch einen mittelprächtigen Fundus an zeitgenössischen
Widerständen da,sodaß der VE eine Serie werthaltiger Teile erhält.
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Roman
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Re: (Mal wieder) ein VE301W

Beitrag von Valvotek »

Nächster Schritt war die Neubefüllung des Kondensatorblocks.Im Gegensatz zu den meisten VE-Blöcken hat dieser keine Biegelaschen.
Nachdem ich ihn mit dem Fön bearbeitet hatte,ließ er sich leicht auseinanderbauen.

Der Ausbauzustand:
20210807_161531_Größe ändern.jpg
Die Fragmente und die neuen Kondensatoren:
20210814_120241_Größe ändern.jpg
Die Bestückung.Dabei hatte ich mich dazu entschlossen,die Vergussmasse auf der Pertinaxplatte zu erhalten,um dem Block wegen der fehlenden Biegelaschen
eine Stabilität zu geben.
20210814_124338_Größe ändern.jpg
Der fertige Block.Den "ausgebauten" Wachs vermischte ich mit einer Portion Kerzenwachs und füllte den leeren Becher ungefähr zur Hälfte im flüssigen Zustand.
Die Kondensatoren wurden eingetaucht und fertig.Selbst das Gewicht des Blocks stimmt.
20210814_115348_Größe ändern.jpg
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Roman
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Re: (Mal wieder) ein VE301W

Beitrag von JHG »

sehr schön Roman, hast Du auch die passende Röhrenbestückung ? Besonders die RES164 ist rar und sehr teuer zu bekommen. Als Ersatz empfiehlt sich die 3B4 oder notfalls auch die PL95 Von der russ. 4P1L würde ich abraten. Die brummt zu stark und soll angeblich den LS belasten. Das letzere habe ich allerdings selbst noch nicht beobachtet.
Gruß JHG
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Re: (Mal wieder) ein VE301W

Beitrag von Valvotek »

Hallo

Der Röhrensatz ist im Original vorhanden,jedoch haben die Lampen wenig Emission.
Ich habe aber genug Ersatz und auch eine Reihe Adapter mit Ersatzröhren 3B4 / PC900 bzw Diode mit Vorwiderstand zum
Testen der Schaltung.
Letztenendlich wird das Gerät,wenns fertig ist,als Deko mit gelegentlicher Vorführung mittels Transmitter genutzt,sodaß die alten
Röhren evtl.noch einigermaßen ihren Job erfüllen.

Der "Reparatursatz":
20210822_110908.jpg
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Roman
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Re: (Mal wieder) ein VE301W

Beitrag von Valvotek »

Auch die Widerstände können neu befüllt werden.....

Ein Widerstand , zerlegt.....
20210824_172055_Größe ändern.jpg
Danach Ersatz einlöten.....
20210824_172530_Größe ändern.jpg
Diese Teile bleiben dann über.....
20210824_182136_Größe ändern.jpg
Testaufbau langsam unter Beachtung der Stromaufnahme hochgeregelt.....
20210824_120824_Größe ändern.jpg
Das Chassis funktioniert schonmal mit den Ersatzröhren.Vom Transmitter kommt ein klares Signal durch.
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Re: (Mal wieder) ein VE301W

Beitrag von Yamanote »

Schoenes Projekt, gefaellt mir auch! :super:
Viele Grüße,
Günter
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Re: (Mal wieder) ein VE301W

Beitrag von Valvotek »

Der Lautsprecherstoff mußte neu eingeklebt werden.Dazu schneide ich mir ein Stück Pappe zurecht und beklebe es einseitig mit Plastikfolie
aus einer alten Prospekthülle,damit der Stoff nicht an der Pappe kleben bleibt.Der Stoff wird mit Klebestreifen fixiert.
20210824_112228_Größe ändern.jpg
Danach wird die Lautsprecherumrandung des Gehäuses mit Leim bestrichen und die Pappe mit dem Stoff entriert aufgelegt und beschwert.
Dazu dient ein alter Blumentopf,der genau das benötigte Maß hat und ein Gewicht zum anpressen.
20210824_112930_Größe ändern.jpg
Das Ganze muß jetzt in Ruhe durchtrocknen.

Bei den allermeisten VEs dreht sich die Skala nicht mehr mit.Die Skalenscheibe ist geschrumpft oder hat sich verformt.
Dafür muß ein Stück Kabelkanaldeckel herhalten,der zurechtgeschnitten und gefeilt wird.Eine entsprechende Bohrung muß da natürlich hergestellt werden.
Dann wird die Scheibe entgratet und ein bischen "geschärft",weil der Kabelkanaldeckel etwas zu dick ist und die Sendereinstellung somit zu schwergängig
wäre.Zuletzt wird die Scheibe mit der Skala vernietet. Man kann auch kleben,aber die Skalenscheiben sind meist transparent und werden durchs Verkleben
fleckig.
20210825_134837_Größe ändern.jpg
20210825_134830_Größe ändern.jpg
Die Nieten sind durch die Gehäuseöffnung nicht zu sehen.
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Re: (Mal wieder) ein VE301W

Beitrag von klausw »

Valvotek hat geschrieben:....wird die Scheibe mit der Skala vernietet. Man kann auch kleben,aber die Skalenscheiben sind meist transparent und werden durchs Verkleben fleckig.

Alternativ:
Kommt drauf an, WO man verklebt. Ich habe eine artverwandte Lösung auch schon praktiziert, seinerzeit aber eine Pertinaxscheibe hinter die Originalskala gesetzt. Pertinaxscheiben wurden bei vielen Radios für ebensolche Friktionsantriebe verbaut.
Selbige Pertinaxscheibe erhielt ein so enges Loch, dass sie geradesoeben mit etwas Druck auf den Schraubstutzen der Originalskala zu schieben war. Anschließend wurde dieses Pertinax-Teil von hinten rundum mit dem gesäuberten und minimal angerauhten Schraubstutzen rundum verklebt (Pattex Alleskleber). Die Originalskala wurde also nicht mit dem Kleber benetzt. Hält bis heute.
(Für ängstliche Naturen: man kann diese Pertinaxscheibe auch minimal nur mittig, d.h. am Schraubstutzen, zusätzlich noch mit der Originalskala verkleben. Sieht man dort ja genausowenig, wie die Nieten).


k.

k. steht für klaus

Kenntnisse kann jeder haben, aber die Kunst zu denken ist das seltene Geschenk der Natur.
(Friedrich II.)
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Re: (Mal wieder) ein VE301W

Beitrag von Valvotek »

Hallo Klaus

Wo bekommt man dünne Pertinaxscheiben her? Kabelkanalreste bekomme ich auf dem Job massenhaft.Pertinax kann ich mit den mir zur Verfügung stehenden
Mitteln schlecht verarbeiten.Obwohl das natürlich authentischer ist als PVC.
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Re: (Mal wieder) ein VE301W

Beitrag von Peter2K »

Hallo,

ich glaube, das sollte passen: https://www.masterplatex.de/Hartpapier-Platten-braun

Gruss,
Peter
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Re: (Mal wieder) ein VE301W

Beitrag von Valvotek »

Hallo Peter

Interessante Seite.Danke für den Tipp.
Grüße aus dem Rheinland
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