Sind diese Keramikkondensatoren für den Abgleich relevant?

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Nachwuchsbastler
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Sind diese Keramikkondensatoren für den Abgleich relevant?

Beitrag von Nachwuchsbastler »

Hallo zusammen,

auf dem Tisch steht ein Freiburg WII der nach dem Kauf nochmal geöffnet und gereinigt wurde, das Gerät wurde bereits überholt und hat neue Kondensatoren bekommen.
Dabei sind die Keramikkondensatoren die im Schaltplan von mir mit "1" & "2" bezeichnet wurden aufgefallen. Das sind Keramikscheiben unterschiedlicher Dicke auf die seitlich Metall aufgedampft wurde, eben jene aufgedampfte Schicht hatte sich gelöst und das Bauteil damit zerstört.

"1" (5pF) gehört wohl zum AM Demodulator, sein Wert sollte unkritisch sein. Ich habe moderne Scheibenkondensatoren mit 500V Spannungsfestigkeit gekauft, 4,7pF, sollte kein Problem sein.

Die Aufgabe von "2" (3pF) verstehe ich aber nicht. Geht dessen Wert in den Abgleich ein? Ich würde ihn ebenso gegen einen 3,3pF in modern ersetzen.

Kann mir jemand erklären was für eine Aufgabe "2" hat?

Vielen Dank!

Gruß Jan
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ELEK
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Re: Sind diese Keramikkondensatoren für den Abgleich relevan

Beitrag von ELEK »

Hallo,

ich würde auch sagen, diese beiden pF-Kondensatoren kann man einfach austauschen, ohne daß sich der Abgleich ändert.

der Demodulator kommt hinter dem Sekundärkreis des Diodenfilters, die AM-Demodulatordiode sitzt mEn. in der EAF42-Diode. Die andere Seite des Sekundärkreises geht dann wohl zum NF-Teil.
In einigen Schaltungen wird die ZF aus dem Primärkreis über einen kleinen C ausgekoppelt und an eine zweite Diode gegeben, damit wird wohl eine Regelspannung erzeugt bzw. die Regelspannung erhält eine zusätzliche Komponente... müßte man genauer ergründen.

Der zweite Kondensator ist durchaus spannend, nur gemutmaßt:
man erkennt, daß es im Diodenfilter eine Koppelwicklung gibt, die über diesen Kondensator 2 eine zweite Koppelwicklung in dem Vierkreis-Bandfilter (für AM) speist. Da das eine Ende an Masse geht, vermute ich, daß sie magnetisch mit der Spule "4" gekoppelt ist, sonst macht diese Wicklung wohl keinen Sinn. Über Schaltkontakte können verschiedene Widerstände nach Masse an diesen Zweig geschaltet werden... korrigiere: Die HF-Spannung vom Diodenfilter wird an die 2 Widerstände geführt und mit Schaltkontakten wird eine wahrscheinlich unterschiedliche große HF-Spannung an einer weitere Koppelwicklung gegeben...

Ich hab sowas noch nie gesehen, deshalb VERMUTE ich, daß man damit die Bandbreite des Viekreisfilters beeinflusst: Durch die Rückkopplung wird die Güte des Kreises erhöht (wie beim Audion mit Rückkopplung), in ZF-Stufen spricht man von "Gütevervielfacher".
Mit den Widerständen wird vermutlich die Bandbreite des AM-ZF-Teils beeinflußt (Dämpfung der Rückkoppelschaltung bzw. Verminderung der HF-Spannung, die auf den Kreis mit Spule "4" wirkt), kann es sein, daß die Schaltkontakte zu einer Taste "breit-mittel-schmal" gehen ? (update: Es gibt wohl 2 Tasten schmal und breit, das hängt dann sicher damit zusammen).

Auf jeden Fall interessant ! Die exakte Funktion müßte den Schaltungsbeschreibungen entnommen werden, das wäre ein Beispiel, wo man im Schaltbild nicht die genaue Funktion anhand der Struktur erkennen kann.

Auch diese Kapazität ist in Bezug auf Abgleich der ZF-Verstärkers wohl unkritisch, größere Wertabweichungen (nicht bei dem nächsten heute üblichen Wert!) würden dann wahrscheinlich nur die "Güte-Steuerung" (der zweiten Koppelwicklung) beeinflussen.

Gruß Ingo
hf500
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Re: Sind diese Keramikkondensatoren für den Abgleich relevan

Beitrag von hf500 »

Moin,
Saba hatte mal was in der AM-ZF fuer die Bandbreitenumschaltung, das sie "MHG-Schaltung" nannten. Nach meiner Erinnerung steht das fuer "Mehrfach-Hochfrequenz-Gegenkopplung".
Am Ende ist es das, was hier vorliegt.
An das Stichwort konnte ich mich noch erinnern ;-), aber ich weiss jetzt nicht mehr, ob das bei Saba, oder wahrscheinlicher in einer zeitgenoessischen Funkschau, beschrieben wurde.

Was ich jetzt auch nicht mit Sicherheit sagen kann:
Der letzte nicht-Automatic Bodensee (W3?) hatte fuer AM ein Nullstellenbandfiler. So genannt, weil dessen Durchlasskurve in 9kHz Abstand zur Mittenfrequenz (472kHz?) Nullstellen aufweist. Gab es bei Grundig auch (4010, 5010). Sinn war eine verbesserte Trennschaerfe, vor allem auf LW und MW, wo man 9kHz Senderabstand hat und so den Nachbartraeger in der ZF weiter unterdruecken kann.

Ob dieses Geraet hier das auch noch hat, kann ich nicht sagen.

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Peter
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Re: Sind diese Keramikkondensatoren für den Abgleich relevan

Beitrag von ELEK »

Danke Peter für diesen Hinweis und Guten Abend !

Tatsächlich finden sich Abhandlungen im Netz, z.B. u.a. von unserem unvergessenen Dietmar Rudolph:

https://www.radiomuseum.org/forum/saba_ ... guage_id=1

Gruß Ingo
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Nachwuchsbastler
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Re: Sind diese Keramikkondensatoren für den Abgleich relevan

Beitrag von Nachwuchsbastler »

Danke Ingo und Peter,

Der Freiburg WII wirbt auch mit der MHG Schaltung, das wird es dann sein.

Auch danke für die Bestätigung das der Wert soweit unkritisch ist, ich ersetzte die Bauteile durch neue Kondensatoren.

Gruß,
Jan
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