Reparatur Grundig Como d/st

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Nussecke
Philetta
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Reparatur Grundig Como d/st

Beitrag von Nussecke »

Hallo zusammen,

ich habe kürzlich auf einem Garagenflohmarkt einen defekten Grundig Como d/St Konzertschrank geschenkt bekommen. Da konnte ich nicht "nein" sagen und habe das gute Teil mitgenommen.
Elektrotechnisch kenne ich mich sehr gut aus, nur leider bin ich ein paar Jahrzehnte zu spät geboren, so dass die damalige Technik für mich jetzt neu ist. So bin ich nun hier bei euch gelandet.

Anfangs ging bei dem Radio gar nichts. Ein Blick ins Innere hat die Ursache schnell offenbart: die ELL80 war defekt, das Glas war komplett in zwei Teile gesprungen. Außerdem sah R87 (200Ohm an Kathode) sehr mitgenommen aus, der hat allerdings noch seine 200 Ohm. Ansonsten sieht für mich auf den ersten Blick alles iO aus. Ich konnte keine verdächtigen Bauteile/Kondensatoren finden, auch laut Schaltplan sind keine Papierkondensatoren verbaut, die ja sonst oft die Übeltäter sind.
Ich habe die ELL80 durch zwei EL95 ersetzt, jetzt bekomme ich über den TA Eingang zumindest wieder Musik zu laufen.

Ansonsten sieht für mich auf den ersten Blick alles iO aus. Ich konnte keine verdächtigen Bauteile/Kondernsatoren finden, auch laut Schaltplan sind keine Papierkondensatoren verbaut.

Nun hänge ich am UKW-Teil. Hier tut sich noch rein gar nichts (es kommt kein Geräusch aaus den Boxen). Die ECC85 habe ich getauscht, das hat nichts geändert. Ich habe die UKW-Box geöffnet und bin auch hier fündig geworden:
UKW-Box1.jpg
UWK-Box2.jpg
UKW-Box-schem.jpeg
R307 (1k - rot) sieht verbrannt aus und ist auch messtechnisch nicht mehr vorhanden. Im Betrieb messe ich vor dem Widerstand 260V DC, danch 0V gegen GND. Die Ursache für den defekten Widerstand ist mir noch nicht ganz klar. Ich messe hinter R307 einen Widerstand von 67k gegen Masse. Wenn ich nach dem 15k R306 den Widerstand nach GND messe, sind es 82k - also 15k mehr. Daraus schließe ich, dass die Kondensatoren C316 und C319 in Ordnung sind (obwohl diese auch etwas in Mitleidenschaft gezogen aussehen):
UKW-Box3.jpg
Sehen für euch die grauen Verfärbungen und der Abplatzer iO aus? Oder sollte ich diese Kondensatoren vorsichtshalber tauschen?

Nun ja, jedenfalls bleibt für mich als Ursache nur der Durchführungskondensator C304 übrig, der ich hier für die 67kOhm verantwortlich sein muss. Seht ihr das genau so? Ich befürchte, ich muss den hier am Schirmblech rauslöten, das wird eine Sauerei... Sind für euch noch andere Fehlerursachen offensichtlich/denkbar? Gibt es Bauteile, die ich provisorisch tauschen sollte?

Eine weitere Frage: wie muss ich denn die Schaltmatrix lesen? Ich werde irgendwie nicht schlau, welche Punkte sich bei welcher Tasterstellung verbinden...
Schaltmatrix.jpg
Danke euch schon mal für die Hilfe im Voraus :-)
Viele Grüße, Moritz
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fritz52
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Re: Reparatur Grundig Como d/st

Beitrag von fritz52 »

Moin Moritz,
willkommen im Forum :hello:
Wenn's auch, wie du schon schriebst, eher unwahrscheinlich ist, dass bei diesem Baujahr noch "Papierwickler" verbaut wurden, rate ich trotzdem mal nach den beiden Koppelkondensatoren der ELL80 zu schauen, denn die ELL wird sicherlich durch Überlastung geplatzt sein.
Defekte Durchführungs C's hatte ich selbst schon, diese aber hatte ich drin gelassen aber abgelötet, dann nen isolierten kurzen Draht durchgesteckt und die Verbindung wieder angelötet. Einen hörbaren Nachteil aber konnte ich nicht feststellen.
M. f. G.
fritz


- Es ist keine Schande, nichts zu wissen, wohl aber, nichts lernen zu wollen :wink:
Axel
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Re: Reparatur Grundig Como d/st

Beitrag von Axel »

Hallo Moritz,

Das ist recht einfach.
Gezeichnet ist der Tastensatz in Stellung „Aus“.

Nehmen wir mal die Taste „TA“.
Da verbindet jetzt der Kontaktschieber in Spalte „l“ die Kontakte 2 und 3.
Der obere Kontaktschieber in Spalte „m“ verbindet die Kontakte 4 und 5.
Der untere Kontaktschieber in Spalt „m“ verbindet die Kontakte 12 und 13.

Wird nun die Taste „TA“ gedrückt, werden alle drei Kontaktschieber nach unten geschoben.

Nun verbindet jetzt der Kontaktschieber in Spalte „l“ die Kontakte 3 und 4.
Der obere Kontaktschieber in Spalte „m“ verbindet die Kontakte 5 und 6.
Der untere Kontaktschieber in Spalte „m“ verbindet die Kontakte 13 und 14.


So funktioniert das bei allen anderen Tasten auch.
Es werden immer alle Kontakte pro Taste nach unten verschoben.
Jeder Kontaktschieber hat immer zwei Spalten.
Zu UKW gehören somit z.B. alle Kontaktschieber in Spalte „a“ und „b“.


Viele Grüße,
Axel :)
Nussecke
Philetta
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Re: Reparatur Grundig Como d/st

Beitrag von Nussecke »

Hallo zusammen,

danke für die schnelle Rückmeldung :super:

Dann werde ich auf jeden Fall als nächsten Schritt den Durchführungskondensator rausnehmen und einen neuen Widerstand einbauen. Wenn der Kondensator "nur" für die Klangqualität verantwortlich ist, kann ich damit im ersten Schritt leben.

Ich habe mir die Koppelkondensatoren C68 und C69 angesehen, sie sehen für mich gut aus. Im ausgeschalteten Zustand habe ich per Widerstandsmessung keinen Widerstand messen können. Ich habe nach Anleitung in einem Beitrag hier im Forum die ELL80 ausgebaut und in eingeschalteten Zustand die Spannung gemessen. Hinter den Koppelkondensatoren lagen je 0V DC an, davor habe ich 175V (Schalterstellung TA) bzw 155 V (Schalterstellung UKW) gemessen. Ich denke, die Größenordnung passt - aber warum messe ich unterschiedliche Spannungen je nach Schalterstellung?

Und vielen Dank für die Erklärung mit der Schalterstellung - das macht natürlich total Sinn! Ich habe mich immer verwirren lassen, dass die Schalterbezeichnungen zwischen den Spalten sind und dachte, es gehört immer nur eine Spalte zu einem Taster.

Spätestens wenn ich neue Erkenntnisse habe, schreibe ich euch den aktuellen Stand.
ELEK
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Re: Reparatur Grundig Como d/st

Beitrag von ELEK »

Hallo,

nur kleine Ergänzung: Die grauen Ringe (Staub) auf den Keramikkondensatoren sind wahrscheinlich unkritisch, hab ich auch schon oft gesehen. Der def. Durchführungs-C mit ggf. Folgefehler Widerstand ist mit großer Wahrscheinlichkeit der einzige Fehler im UKW-Tuner.

Anstelle defekter Durchführungskondensatoren sollte man dann aber wenigstens einen gewöhnlichen Keramikkondensator gegen Masse schalten, die Kapazität in etwa wie beim original, es gibt nur bei TV-Tunern Ausnahme, wo er genau stimmen muß (ZF-Auskopplung, um 100pF), die im nF-Bereich können 1...10nF haben.
Für die Funktion ist das zunächst meist nicht bemerkbar, eventuell aber für die Betriebssicherheit (Oszillator braucht ggf die eindeutige Abblockung gegen Masse) und die Störstrahlung.
Echte Durchführungs-Cs werden eigentlich erst ab UHF benötigt, bis ca 400MHz tuts auch eine Drahtisolierung und ein gewöhnlicher Kondensator gegen Masse (Zuleitungs-L, Feld-"Dichtheit" usw...).
Trotzdem die Drähte so kurz wie möglich halten.

Wenns geht bitte Foto von den vermeindlich "guten" Kondensatoren einstellen, wenn es "Problemkondensatoren" sind, müssen die immer raus, auch wenn mit dem Ohmmeter nichts meßbar ist.
Selbst 100MOhm sind zu wenig Isolationswiderstand am g1 einer Röhre und das Verhalten "feuchter" Kondensatoren ist nicht eindeutig und nicht zeitlich konstant, es gibt aber in der Praxis an vielen Stellen Probleme, wenn die drin sind.

Es gibt unkritische Papier-Cs, die gelblichgrünen von SIEMENS zB.
Alles andere sollte, zumindest an kritischen Stellen wie g1 der Endröhre(n), ohne Messen ausgetauscht werden.

Gruß Ingo
Zuletzt geändert von ELEK am Do Nov 16, 2023 12:22, insgesamt 1-mal geändert.
cerker
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Re: Reparatur Grundig Como d/st

Beitrag von cerker »

Nussecke hat geschrieben:Hallo zusammen,

danke für die schnelle Rückmeldung :super:

Dann werde ich auf jeden Fall als nächsten Schritt den Durchführungskondensator rausnehmen und einen neuen Widerstand einbauen. Wenn der Kondensator "nur" für die Klangqualität verantwortlich ist, kann ich damit im ersten Schritt leben.
Hat nichts mit "Klangqualität" zu tun, sondern eher mit elektromagnetischer Verträglichkeit. Wenn auch vielleicht nichts zum Schwingen kommt, erhöhst du in jedem Fall die Störstrahlung des Gerätes.

Du kannst dir die Durchführungs-Cs wie Abdichtungen vorstellen. Sie verhindern dass die Hochfrequenz aus dem Kasten nach außen dringt.
Nussecke hat geschrieben: Ich habe mir die Koppelkondensatoren C68 und C69 angesehen, sie sehen für mich gut aus. Im ausgeschalteten Zustand habe ich per Widerstandsmessung keinen Widerstand messen können. Ich habe nach Anleitung in einem Beitrag hier im Forum die ELL80 ausgebaut und in eingeschalteten Zustand die Spannung gemessen. Hinter den Koppelkondensatoren lagen je 0V DC an, davor habe ich 175V (Schalterstellung TA) bzw 155 V (Schalterstellung UKW) gemessen. Ich denke, die Größenordnung passt - aber warum messe ich unterschiedliche Spannungen je nach Schalterstellung?
Bei TA wird der gesamte Empfangsteil abgeschaltet, was die Belastung des Netzteils ganz grob halbiert und damit seine Spannung ansteigen lässt.

Gruß,
Christian
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Re: Reparatur Grundig Como d/st

Beitrag von Bernhard W »

Für die Überlast von R307 gibt es mehrere Möglichkeiten.

- Kurzschluss des Durchführungskondensators C304 (wurde hier schon angesprochen)
- Kurzschluss von C307
- blanker Draht von einem der anderen Bauteile hinter R307 berührt(e) ein anderes Bauteil oder Masse, z. B. im Bereich der ECC83.

Ein Fehler hinter R306 kann nicht zur Überlastung von R307 führen.

Bernhard
Nussecke
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Re: Reparatur Grundig Como d/st

Beitrag von Nussecke »

Hier kommt ein Foto von den Koppel-Cs vor der Endstufe. Es sind zwei Erofol II Kondensatoren, die ja einen guten Ruf haben. Aber vielleicht tausche ich sie einfach vorsichtshalber aus, wenn ich schon am Löten bin. Unterhalb der Röhrenfassung ist auch der in Mitleidenschaft gezogene R87 200Ohm.
Koppel-C.jpeg
Im UKW Teil habe ich jetzt die Leitung links von C304 unterbrochen, damit ich C304 unabhängig vom Rest messen kann. Messe ich rechts, also nur C304, messe ich die 67kOhm, messe ich links den Rest der Schaltung, messe ich keinen Widerstand. C304 kann ich also ausschließen - aber danke für den Hinweis, den hatte ich bisher übersehen.
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EQ80
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Re: Reparatur Grundig Como d/st

Beitrag von EQ80 »

Hallo,
diese beiden Erofol 2 würde ich auf jeden Fall tauschen. Die sind leider öfters schon mal durchlässig geworden für Gleichspannungen und damit defekt.
Unbedingt auch den Elko unter dem Kathodenwiderstand tauschen! Der hats hinter sich!
Viele Grüße

Frank
Binser
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Re: Reparatur Grundig Como d/st

Beitrag von Binser »

Moin,

auch noch ein Tipp von mir (der mit dem Grundchassis CS100 quasi aufgewachsen ist...):

Sollte die Leiterplatte unter der Fassung der ELL80 schon reichlich verkohlt sein, bitte bei gezogener Röhre messen, ob zwischen Pin 2 und 3 noch Isolation besteht oder die Platte bereits leicht leitend geworden ist. Verkohlte Leiterplatten neigen dazu. Am besten unter Spannung messen.

Grüße,
Jörg
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hf500
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Re: Reparatur Grundig Como d/st

Beitrag von hf500 »

Moin,
und im Zweifel die Fassung ausloeten und darunter saubermachen. Oft genug sammelt sich da einiges an Staub an, der zu Unfrieden fuehren kann. Schaden kann es jedenfalls nicht.
Ohnehin sollten bei Platinenradios die Roehrenfassungen nachgeloetet werden, besonders die der Endroehren.

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Peter