Lirar Royal oder das Rolladenradio

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saarfranzose
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Lirar Royal oder das Rolladenradio

Beitrag von saarfranzose »

Lirar vorher

Den Lirar hatte ich schon auf Börsen für 20 Euro angeboten, aber niemand hat sich dafür interessiert. Vor ein paar Wochen bekam ich Besuch von einer Bekannten. Diese entdeckte das Radio verstaubt in der Garage und verliebte sich sofort in das Gerät.

"Was willst du dafür?"
"Nichts, schenke ich dir".
"Spielt es?"
"Nein .. Hmm ..okay ich restauriere es dir"
"Kann man damit Radio Salue empfangen?"
"Nee .. Dann müsste ich erst schauen wie ich da UKW reinbekomme".

Gesagt, getan. Ich habe alle C erneuert usw. und wieder einen top-AM Empfänger draus gemacht. Ein Freund überarbeitete den Plattenspieler. Für UKW überlegte ich mir eine besondere Strategie. Der Einfachheit halber benutzte ich das Empfangsteil eines Transistorradios. Um den Umbau reversibel zu machen und nicht viel an der Bedienung zu ändern gab es verschiedene Probleme zu lösen:

1. Abstimmung:
Glücklicherweise hatten AM Drehko und UKW Drehko den gleichen Drehwinkel von 180 Grad. Ich baute andere Skalenräder an und wählte diese so aus das sie den gleichen Durchmesser hatten. Dann erneuerte ich das Skalenseil und lies es über beide Skalenräder laufen. Das einzige Manko: Der Weg des Skalenzeigers ist nun kürzer, weil die Originalscheibe größer war. Aber auf allen Wellenbereichen wird der komplette Bereich abgedeckt. Der Skalenzeiger bekam rechts und links einen neuen Anschlag.

2. NF Umschaltung:
Ich benutze für UKW ebenso wie für den Plattenspieler den PU Eingang. Nun benötigte ich eine NF Umschaltung. Dazu montierte ich eine kleine Platine auf das Chassis mit einem Relais. Dieses wird vom Plattenspielermotor geschaltet. Schaltet man also auf TA und hat keine Schallplatte laufen ist automatisch UKW aktiv. Beim Einschalten des Plattenspielers wird das Signal des Tonabnehmersystems auf den PU Eingang geschaltet und UKW weggeblendet.

3. Stromversorgung
Die 3V für das Transistorteil wollte ich eigentlich irgendwo am Chassis abgreifen. Allerdings gab es Potentialprobleme. Die Signalmasse liegt weder auf plus noch auf minus der Stromversorgung. Dadurch wurde der Einbau eines kleinen Netzteils notwendig. Ein Handy-Ladegerät aus dem Fundus liefert eine passende Spannung. Mit einem Klettband klebte ich es ins Gehäuse und versorgte es mit einer Euro-Kupplung mit geschalteter Netzspannung.

Die Freude war groß als ich das Radio auslieferte. Die Leute haben ein Schallplattengeschäft. Dort habe ich im Moment eine Sonderausstellung, über diese werde ich aber in einem extra Beitrag berichten. Der Lirar findet seinen Platz allerdings in der Privatwohnung.

Chassis vorne

Chassis hinten

Montage der Abstimmung

Die Umschaltplatine

Stromversorgung UKW

Chassiseinbau

fertig 01

fertig 02

fertig 03

Die Plattenspielerauflage war ausgehärtet und eine Gefahr für die Schallplatten. Als Ersatz klebte ich weiche Filzgleiter auf.

fertig 04

fertig 05

fertig 06

Stromversorgung

Rückseite

Auslieferung in den Schallplattenladen
Gruß,
Jupp
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DC1MF
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Beitrag von DC1MF »

Hallo Jupp,
sehr schön gemacht, sowas ist SPITZE!
Viele Grüße aus Fraham
Helmut
PS:Im HighTec Land...wir können alles außer DSL auf dem Lande. Ab dem 19.1.2011 DSL3000
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Volker
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Beitrag von Volker »

Hallo Jupp1

Da hast Du wieder mal ganze Arbeit geleistet. :super:
Das UKW-Teil mit dem halben Gehäuse hab ich auch noch nicht gesehen. Was war den das mal für ein Modell?
MfG Volkmar

Alle Stufen schwingen, nur der Oszillator nicht !
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Stereowaage
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Beitrag von Stereowaage »

Hallo Jupp,

eine mords spaßige Oldie-BastelGaudi nach Wunsch - Klasse! Es kann sich nur um das neu eröffnete Geschäft handeln und wie ich sehe, gibt es da auch ein erstes gutes Angebot an Singles und LP für den Plattenspielerfreund. Wie bringt das Radio klangmäßig Wellenangebot und TA? Rimlockbestückung bis auf MA (EM4?) - Endstufe mit EL41? (Der Typ "Royal" ist ja noch nicht einmal bei RMO eingetragen).

Hast Du es geschafft, das UKW-Signal so abzugreifen und einzumischen, dass Du auch eine Anzeige am MA hast? Wahrscheinlich wegen der genannten Potentialschwierigkeiten nicht.

Bericht und die wie immer schönen Bilder haben mich sehr gefreut!

Beste Grüße aus der Heide
mit besten Grüßen
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saarfranzose
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Beitrag von saarfranzose »

Das MA leuchtet zwar auch auf UKW, aber wie du schon vermutet hat gibt es keine signalmässige Verbindung und damit keinen Ausschlag.
Das zerschnittene Taschenradio war ein in Plastik verschweistes Kaufhausmodell für 3,95 Euro. Es hat eine gute Empfindlichkeit und ein schönes Abstimmverhalten. Lediglich eine längere Antenne verträgt es nicht. Ich greife einfach am Kopfhöreranschluß die NF ab und kann mit dem Lautstärkepoti den Pegel anpassen.
Klanglich sind AM und Plattenspieler prima. UKW ist etwas höhenbetont und klingt sehr nach HiFi. Die Klangregelung habe ich nicht modifiziert. Bei Rechtsanschlag klingt es sauber, aber nach links kann man richtig grauenhafte sounds einstellen.
In Frankreich gab es nur wenige größere Marken. Dafür viele kleine Hersteller die mit Zukaufteilen etwas zusammengebastelt haben. Basteln passt gut. Die Schaltungen sind fast immer Standard, mechanisch sind meist Nacharbeiten nötig. Oft wurde viel Aufwand mit robuster Mechanik getrieben, aber das Konzept war nicht stimmig und es funktioniert dann nur grade so.
Die Vielfalt auf dem französischen Markt lässt sich nicht katalogisieren. Zu viele namenlose Modelle. Man kann froh sein überhaupt eine Rückwand mit Herstellerhinweisen vorzufinden.
Aber zurück zum Gerät. Es gibt hier eine gemischte Röhrenbestückung von Noval- und Miniatur 7-Stift Röhren: ECH81, 6BA6, 6AV6, 6AQ5, 6V4, 6AF7 bzw. EM34.

Will man das Radio wieder zurückbauen bleiben lediglich 4 Bohrungen von 3,4mm auf dem Chassis zurück. Ein Bandfilter (der eckige) wurde bei einer früheren Reparatur erneuert. Funktionell tadellos, aber mechanisch nicht befestigt. Das habe ich dann nachgeholt.

Über den Schallplattenladen berichte ich später an anderer Stelle.
Gruß,
Jupp
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paulchen
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Beitrag von paulchen »

Hallo Jupp!

Wunderschönes Design!! Nicht so sich immer wiederholender Gelsenkirchener Barock wie hier Zulande. Warum werden hier nicht solche Geräte für 20,- Euro angeboten :lol: .

Was Du da für Ideen und Fähigkeiten entwickelt hast, um UKW zu implantieren - alle Achtung!

Dem neuen Besitzer kann man nur gratulieren zu dem schönen Gerät und alles Gute wünschen für seinen Laden.

Die besten Grüße von der anderen Seite der Republik

paulchen
klausw
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Beitrag von klausw »

Prima Arbeit und ein sehr schönes Gerät :D . :super:

Das gleiche Prinzip habe ich bei meinem SBR (Baujahr etwa 1951, Rimlock-E-Röhren) angewendet. Selbiges Gerät hatte ich bei eb.. geschlossen und er gefiel mir so gut, dass er ins Wohnzimmer musste.

Da das Gerät ein großes, fast würfelförmiges Gehäuse mit aufgeräumtem Chassis und viiiiiel Platz hat, habe ich, wie auch schon bei anderen Geräten, ein Uhrenradio vom Flohmarkt genommen. Bei diesen sind in der Regel alle Kontakte am Krachen / defekt, weswegen die Besitzer sie nicht mehr wollen, indes: man braucht die ganzen Umschalter (Einschlafen, Wellenbereich...) ja nicht. Das UKW-Teil hat noch bei allen so gekauften Geräten gut gespielt.

Von diesen Uhrenradios entferne ich alles, was man für UKW nicht braucht (also Zeitanzeige, Lautsprecher, Teile des Gehäuses, überflüssige Schalter) belasse aber das Netzteil.
Den Lsp.-Anschluss führe ich direkt an die TA-Buchse des Muttergeräts, allerdings über einen Stecker. Reicht der Platz nicht, um auch die Seilzüge zu verbinden, führe ich die Senderachse durch ein vorhandenes Loch der Rückwandbelüftung und versehe sie mit einem Knopf. Das erlaubt die Lautstärkeregelung über das Muttergerät und die Einstellung eines UKW-Senders extern.

Beim genannten SBR waren aber alle Platzvoraussetzungen geschaffen, so dass ich aus meinem Fundus an Skalenrädern eines mit exakt identischem Umfang gleich dem des SBR fand.
Das Gehäuse des Uhrenradios wurde komplett weggesägt, bis auf das, was ich als Bodenplatte zur Halterung des UKW-Teils brauchte. Dort wurden Befestigungslöcher so angebracht, dass man vorhandene Chassislöcher des SBR nutzen konnte und nur ein einziges 3mm-Loch gebohrt werden musste.
Sodann neuen längeren Seilzug gespannt und den Netzanschluss des Uhrenradios mit dem Lautstärke-/Einschalt-Poti des SBR verbunden. Lautstärke am Uhrenradiopoti so geregelt, dass das Poti des SBR einen vernünftigen Regelbereich aufweist.
Klingt brachial, funktioniert in der Praxis (und auch im regelmäßigen Betrieb) bei vielen meiner UKW-losen Röhrenradios seit Jahren ganz zufriedenstellend. Den höhenbetonten Klang kann ich bestätigen.

Fertich. :P

Kaufpreis des Uhrenradios (Telefunken) lag bei 1 Euro, entscheidend war allerdings das passende Skalenrad aus meinem Fundus.

Vorteil ist, dass eine solche Bastellösung auch wieder entfernt werden kann, ohne dass das Sammlergerät merklich gelitten hat.

k.

k. steht für klaus

Kenntnisse kann jeder haben, aber die Kunst zu denken ist das seltene Geschenk der Natur.
(Friedrich II.)